Archive for November, 2013


Kunstwerk am Kröpcke (Stadtzentrum Hannovers): Ein offensichtlich griesgrämiger Fußgänger mit Regenschirm. Dazu Kunstlicht und Osramkerzen der Weihnachtszeit, Regenwetter und ein Abend.

Die Social-Media-Diät

Manchmal, wenn ich das Treiben anderer Leute im Internet betrachte, denke ich mir, dass irgendeine dumme Zeitschrift eine neue Form der Mangelernährung zur Gewichtsreduktion (so etwas wird von Qualitätsjournalisten verharmlosend „Diät“ genannt) popularisiert: Die Social-Media-Diät. Einfach nichts mehr essen, sondern mit dem Handy ein Foto vom Essen machen, das Foto auf Facebook hochladen und versuchen, sich von den Likes zu ernähren.

Wenn dereinst einmal die Generation Wischofon von ihren Kindern oder Enkeln gefragt wird, was sie eigentlich getan hat, während die Privatsphäre abgeschafft und der Polizeistaat aufgerichtet wurde, wird sie nur antworten können: „Wir haben unser Essen fotografiert“.

Nur zur Erinnerung, SPD!

Nur zur Erinnerung, SPD!

So mit einem Mund voller Menschenrechte, wie es in diesem kommentierten Screenshot dokumentiert ist, habt ihr auf der Website eurer Bundestagsfraktion über die Frau Bundeskanzlerin und die Überwachung aller Kommunikation durch die NSA gepoltert — damals, als im Juli dieses Jahres noch früher Wahlkampf war und ihr nicht in einem Koalitionsvertrag mit der CDU die so genannte „Vorratsdatenspeicherung“ einführen wolltet, die anlasslose, verdachtsunabhängige und vollständige Überwachung der Kommunikation aller Menschen in der BRD.

Ihr seid eben ein ganz verlogenes, lichtscheues Gesindel, das die Intelligenz, das Gedächtnis und die Würde aller Menschen offen verachtet.

SPD-Mitgliedern, die besser sind als ihr Parteivorstand und die sich von solchen Rückblicken gekränkt fühlen, lege ich nahe, gegen die Koalition mit der CDU/CSU zu stimmen.

Google, Facebook, Apple, Microsoft!

Werte Verantwortliche bei Google, Facebook, Apple und Microsoft¹,

ich habe an euch nur eine einzige, sehr leicht zu formulierende Frage: Wie viele Menschen wurden wegen der Erkenntnisse aus eurer Zusammenarbeit mit den Geheimdiensten der Vereinigten Staaten eines Teils von Nordamerika im Rechtsfreien Raum des vorgeblichen „Krieges gegen den Terror“ in Konzentrationslager verbracht, von klandestin vorgehenden Mordsöldnern aus dem Hinterhalt abgeknallt oder zusammen mit anderen Menschen in ihrer Nähe von so genannten „Drohnen“ zerfetzt²?

Bis ihr nachvollziehbar und öffentlich belegt, dass so etwas niemals geschehen ist, sage ich euch nur eines: Ihr seid feige, rückgratlose, verachtenswerte Schreibtischmörder! Für eine Handvoll Dollar verachtet ihr nur allzu willig das Lebensrecht — solche Menschenrechte wie das Recht auf Privatsphäre ignoriert ihr ja schon recht öffentlich — anderer Menschen und nehmt gewisse „Kollateralschäden“ billigend in Kauf.

Und genau als das sollte man euch behandeln.

Als Mörder.

Als ein Pack, das niemand in seiner Nähe haben will.

Ich wünsche mir mit meinem ganzen Sinn eine Zeit, in der ihr für das, was ihr tut und getan habt, zur Rechenschaft gezogen werdet.

Ohne Gruß
Der Nachtwächter

¹Die Liste der Unternehmen ist nicht vollständig und vorsätzlich so gewählt, dass sie in fast jedes Leben hineinragt.

²Ich halte den Begriff „Drohne“ für einen Roboter, der einen bequemen, klinisch sauberen und für den Täter „sicheren“ Mord auf Knopfdruck ermöglicht, für eine üble Beleidigung der Honigbienen. Diese Geräte sollten — so sehr der Neusprech über die Medien auch in jedes Hirn getragen wird — immer als das bezeichnet werden, was sie in Wirklichkeit sind: Mordroboter.

Reife

Wer reif ist, fault demnächst.

Die Suchenden

Man könnte die Menschheit auch beschreiben als einen durch Angst und Sorge zusammengehaltenen Haufen von selbstentfremdeten Individuen, dessen einer Teil einen immer größer werdenden Teil des Universums mit monströsem Aufwand und aufwändig ersonnenen und konstruierten Instrumenten nach „erdähnlichen Planeten“ absucht, während der andere Teil des Haufens den Planeten Erde systematisch und teils unumkehrbar kaputt macht, weil sich auf diese Weise mächtige Heiligenbilder kleine Papierläppchen mit meist hässlichem Aufdruck erwerben lassen.

Der Fluchende

Durch den kühlen, nur sparsam sonnigen Novemberabend ging eben völlig unauffällig ein Mann längs der Hildesheimer Straße, der plötzlich ohne sichtbaren Anlass innehielt und laut und lästerlich, aber teilweise auch unverständlich zu fluchen begann. Ich fragte ihn, ob alles in Ordnung sei, und er sagte sehr ruhig und gefasst, ganz anders, als ich es in dieser Situation erwartet hätte: „Es ist alles in Ordnung. Mir ist etwas eingefallen, und ich habe mir schnell Luft verschafft, das war alles“.

Und ich dachte mir: Dieser Mann ist ein passendes Bild dafür, was die „Freiheit“ bedeutet, seine Meinung äußern zu dürfen, so lange diese Äußerung nichts bewirkt.

Green Card

„Wie anders die Geschichte doch verlaufen wäre“, sagte der Vorübergehende zu seinem Zeitgenossen, „wenn die ursprünglichen Einwohner des amerikanischen Kontinentes von den europäischen Einwanderern ein Visum oder — falls sie dort auch arbeiten und leben wollten — eine green card eingefordert hätten und jeden zurückgeschickt hätten, der so ein Papierchen nicht vorweisen kann“.

Der Kabarettist

„Wenn die Zustände endlich einmal beendet sind, die der Kabarettist zu Recht so trefflich verspottet“, sagte der Vorübergehende zu seinem Zeitgenossen, „dann müsste er sich ja nach all diesen Jahren gesicherten Daseins im Spotte eine andere, möglicherweise gar anstrengendere und produktivere Arbeit suchen“.

Dieter Hildebrandt ist tot

iam pridem, ex quo suffragia nulli uendimus, effudit curas; nam qui dabat olim imperium, fasces, legiones, omnia, nunc se continet atque duas tantum res anxius optat, panem et circenses.

Decimus Iunius Iuvenalis

Weil er jahrzehntelang den Ekel, den Zorn und die angemessene Empörung über die classe politique in Unterhaltung und bitteraromatisches Lachen für das abendliche Fernsehprogramm kanalisiert hat, damit sie sich auch ja nicht zur Einforderung des verdammten Lebensrechtes im bewaffneten Widerstand formen, sind ihm schönklingende und respektvolle Nachrufe der Qualitätsjournalisten aus Presse und Glotze ebenso sicher wie die stilsicher geheuchelte Trauer aus allen Parteien. Unterhaltung ist schließlich ein wesentliches Mittel der Unten-Haltung, dafür wird auch gern zum Schein der Dreck eines bezahlten Spötters gefressen, während in Wirklichkeit der Kaviar genüßlich zum Munde geführt wird. Aber: difficile est satiram non scribere¹.

¹Es ist schwierig, keine Satire zu schreiben, ebenfalls ein Juvenal-Zitat…

Die CDU-SPD-Frauenquote

Ich habe eben drei Frauen, die mutmaßlich mies bezahlt im Aldi arbeiten — eine von ihnen trug den Text „Auszubildende“ auf der Brust, dieses von sprachpolitischen Hirn-Programmierern ersonnene Wort, das die Ausbeutung junger Menschen zu einer Form der „Bildung“ verklären soll — danach gefragt, ob sie sich nicht darüber freuten, dass es zu so einem großen politischen Sieg für die Frauen gekommen sei. Ob es ihnen nicht neue persönliche Perspektiven jenseits der elenden und mies bezahlten Plackerei eröffne, dass demnächst die Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen mit dreißig Prozent Frauen besetzt sein müssen. Aber die Reaktionen waren dermaßen desinteressiert und in einem Fall sogar unwirsch und aggressiv, dass ich nicht mehr wie eigentlich geplant ein paar hundert Meter weiter ging, zum von den ev.-luth. Jesusverkäufern betriebenen Pflegeheim, um dort den untertariflich verschlissenen Frauen mit ihren immer neu vereinbarten „befristeten“ Arbeitsverträgen die gleiche Frage zu stellen. Ich beglückwünsche den bourgeoise gewordenen Quoten-Feminismus der classe politique um sein genaues Wissen darum, wo die Probleme der Menschen liegen und was gegen diese Probleme unternommen werden kann — „Warum kratzen sie mich?“ — „Ich bin Politiker und weiß deshalb, wo es ihnen juckt“.

Gruß an Frau G.! Und nein, ich wollte nicht sie verächtlich machen, sondern das Geschmeiß und die Geschmeißinnen, die sich in ihrem Namen hinstellen und vorgeben, ihre Interessen zu vertreten.

Herr Innenminister

Wenn sie demnächst einmal tot sein werden, dann werden sie selbst nichts davon bemerken. Es ist nur für viele andere Menschen, die mit ihnen zu tun gehabt haben, eine harte, schwer erträgliche und schreckliche Sache.

Verstehen sie? Herr Innenminister, verstehen sie? Ganz genau so. Ist es mit ihrer Dummheit.