Archive for März, 2007


Intellektuelle Kastration

Die Menschen in den Gesellschaften der so genannten „ersten Welt“ werden maschinell infantilisiert.

Auswärtiges Denken (9)

Lektion Nr. 12: Glück ist schwieriger in einem Land, das von schlechten Leuten regiert wird.

François Lelord: Hectors Reise — oder die Suche nach dem Glück

Wie Werbung funktioniert…

…das kann man zum Beispiel beim Alienated Observer nachlesen:

Der Grund, warum ich mich heute noch an alte Waschmittelwerbung erinnere, ist, dass mir diese Werbung einfach dermassen auf den Geist ging, dass ich am liebsten Klementine ihre grundbiedere weisse Mütze hätte fressen lassen. Dennoch ist mir das Produkt, das das freundliche Pfannkuchengesicht bewarb in Erinnerung — wenn auch in keiner guten.

So ähnlich geht es mir übrigens mit zwei traumatischen Höreindrücken, die heute noch körperliche Ekelreaktionen bei mir auslösen. Beide wurden gesungen, mit einem übermäßigen Echo versehen und markerschütternd laut zum Ausklang der vielen banalen, vom jeweilgen Produkt „geretteten“ Alltagsgeschichten abgespielt:

  1. SA-NOS-TOL
  2. SCHNEEEEE-KOPPE

Die so beworbenen Produkte werde ich wohl so lange meiden, wie ich noch eine eigenständige Kaufentscheidung treffen kann. Aber offenbar glauben die Werber, dass man die Menschen ruhig weiter traumatisieren kann, und wenn dafür Adolf Hitler persönlich seine Stimme erheben muss.

Heute mal in Englisch (dieser Spruch „funktioniert“ nicht in Deutsch).

Jeder „Arbeitgeber“ sollte es sich hinter die Ohren schreiben: If you pay a peanut, you’ll get a monkey. 😀

Die weibliche Härte

Wer als Mann nach einigen Jahrzehnten der Einwirkung „emanzipatorischer“ Propaganda wirklich glaubt, dass Frauen das sanftere, herzigere, fühlsamere, kurz, das im besseren Sinne des Wortes menschlichere menschliche Geschlecht seien, der sollte sich einmal in aller Ruhe diverse Medienprodukte für Frauen anschauen — und zwar vor allem die erfolgreichen. (Nein, die „Emma“ ist hiermit nicht gemeint. Sie ist allerdings einseitig genug, um solche Themen einfach zu „übersehen“, was ebenfalls einer Betrachtung würdig wäre.)

Schon der „Genuss“ einer gewöhnlichen Soap-Opera — und dieser Auswurf der Content-Industrie wird fest mit der „Zielgruppe“ Frauen im Auge erstellt — gibt Einblicke in eine beschädigte, verfinsterte Welt, zu deren Anblick sich viele Frauen entspannt zurücklehnen und unterhalten lassen können. Alles Miteinander der dort dargestellten Menschen ist von Zank und Intrige zerfressen, alltäglicher, scharfer Psychoterror macht den Figuren dieser Produktionen den Alltag zur Hölle. Das ganze wird unterlegt mit einem ausdruckslosen Musiksurrogat, dass ähnlich wie die Funktionsmusik im Hintergrund eines Kaufhauses nur noch zur emotionalen Manipulation der „Zielgruppe“ taugt — und zwischendurch kommt stets die gute Nachricht, das Evangelium des Konsumismus: Werbung für blizeblankes Waschpulver und alle Segnungen des hirnlosen Konsums. Wie stumpf und herzzerfressen müssen die täglichen Zuschauerinnen eigentlich sein?

Die neue Welt der Frauen: Eine Welt voller Diäten, Schmerzen, Tod und Krankheit

So vorbereitet auf das, was der Auswurf der Content-Industrie sonst noch für Frauen bereit hält, kann mann denn einen mutigen Blick in die wirklichen Abgründe werfen und sich der aufmerksamen Lektüre einiger so genannter „Frauenzeitschriften“ zuwenden.

Was sich darin heiter, bunt und „unterhaltsam“ aufbereitet findet, ist an Zynismus kaum zu überbieten. Es fängt an mit dem platten Kult um jene genetisch verkommenen Adelsgeschlechter, die im größten Teil Europas zum Glück für die dort lebenden Menschen weit gehend entmachtet sind. Dabei begnügt sich das blutdurstige Äuglein der Leserinnen nicht an den auch schon recht schlimmen normalen Hofschranzen, die jeden Fühlenden und Denkenden vor den Gefahren jahrhundertelanger Inzucht warnen sollten. Nein, diese Karikatur einer Hofberichterstattung muss auch noch eigene, nach Möglichkeit hoch empörende Geschichten erfinden und reich mit Fotos ausschmücken, die auf äußerst fragwürdige Weise gewonnen werden.

In welcher Weise eine Angehörige des brtischen Hochadels, Lady Diana, bei der Gewinnung solcher Fotos vor noch gar nicht so langer Zeit von einer Horde barbarischer, durch Geldgier entseelter „Fotojournalisten“ in den Tod gehetzt wurde, scheint den Leserinnen beim Genuss solcher Darbietungen entweder völlig gleichgültig zu sein, oder es mag sogar in gar nicht so wenigen Fällen ein zusätzliches Gewürz in dieser allwöchentlichen Seelenspeise sein, wenn es denn einmal bewusst wird.

Aber auch der sonstige „redaktionelle“ Teil eines solchen Machwerkes zeigt deutlich, welche Welt sich die Leserinnen gern antun, während sie im Alltag die Schwärze ihrer vereiterten Seelen hinter schwülstigen Düften und bunten Blütengirlanden verstecken. Es ist — kurz und doch nicht verkürzt gesagt — eine beschädigte Welt voll von Diät, Krankheit, Neid, Schmerz und Tod, die zum allwöchentlichen Ergötzen einer an jedem Abgrund geil gewordenen Leserinnenschaft führt und die Klimpergroschen in das Säckel der Verleger solchen Schundes bringt.

Genau daran sollte jeder Mann denken, der wieder einmal den Spruch „Ihr Männer wollt doch immer nur das eine“ hört — vielleicht fällt dann auch die passende Erwiderung ein.

Wer die Eigentümlichkeit der Stadt Hannover verstehen will, der braucht nur einige ihrer Bauwerke eines verstehenden Blickes zu würdigen. Als der Hannoveraner einen Sumpf in der Nähe der Stadt wahrnahm, da hielt er dies für einen passenden Baugrund und errichtete sein Neues Rathaus darauf. Wo einst eine oft überschwemmte Wiese war, da war es dem Hannoveraner noch nicht feucht genug, deshalb griff er zum Spaten und grub ein tiefes Loch, das man heute Maschsee nennt. Und weil nach diesen Maßnahmen die Stadt noch nicht absurd genug war, grub der Hannoveraner ein paar Jahrzehnte später ein weiteres Loch, auf dass mitten in der Stadt ein Tunnel mit lauter kleinen Geschäften sei, weil ein Tunnel ja so etwas schickes ist.

So ist es in Hannover. Die ganze Schaffenskraft fließt ins Absurde, Monströse, Hässliche. Und so sieht die vom Hannoveraner gestaltete Stadt auch aus.

MySpace

MySpace (der, das) — englisch für Mein Leerraum. Für einige Abhängige ist MySpace sogar zum ganzen Leben geworden, diese lesen hier Mein Weltraum. Name eines Web2.0-Dienstes, der Menschen das Erstellen einer kleinen Internet-Seite erlaubt, die mit einem ordentlichen Haufen Werbung versehen im Internet verfügbar gemacht wird. MySpace bezeichnet sich in seiner Eigenwerbung als „a place for friends“, also als einen Ort für Freunde. Das ist zutreffend, da man diesem Zustand schon mit gesteigerter Freundlichkeit entgegen treten muss, um ihn ertragen zu können.

Da es das Ziel der Betreiber von MySpace ist, jedem Menschen das Erstellen einer kleiner Homepage auf MySpace (ein so genanntes „Profil“) zu ermöglichen, sind gewisse Dinge sehr einfach gemacht. Es ist zum Beispiel eine Kleinigkeit, das MySpace-Profil laut zu machen, indem eine mehr oder minder passende Musik beim Betrachten des Profiles automatisch abgespielt wird. Ebenso leicht ist das Einbetten eines hochgeladenen Videos. Relativ schwierig ist hingegen eine persönliche Gestaltung des eigenen Profiles. Damit die MySpace-Nutzer nicht nur Taubheit und Kopfschmerz, sondern auch Augenkrebs bei den Betrachtern ihrer Profile auslösen können, hat sich eine ganze kleine Industrie gebildet, die fertige „Designs“ für MySpace-Profile vermarktet. Dass die meisten dieser Designs nicht lesbar sind, ist ein minder großes Problem, da die meisten MySpace-Nutzer eigentlich gar nichts mitzuteilen haben — und zwar in bunter, flackernder und lauter Weise.

Als typischer Web2.0-Dienst ermöglicht MySpace die Vernetzung der Nutzer untereinander. Jeder MySpace-Nutzer hat so genannte „Freunde“, das sind andere MySpace-Nutzer. Die Freunde können das Profil kommentieren oder mit großen, eingebetteten Grafiken noch unbrauchbarer machen. Gerade von der letzteren Möglichkeit wird überreich Gebrauch gemacht.

Ursprünglich wurde MySpace von einem einsamen Menschen namens Tom programmiert. Der überwältigende Erfolg seiner Software gilt als erstes Beispiel einer ansteckenden Geisteskrankheit in der menschlichen Kulturgeschichte.

(Auch mich hat’s erwischt) 😉

Blitzsauber

Hannover ist jetzt blitzsauber

Wie es die Journaille doch immer wieder schafft, irgend etwas zu melden, wo eigentlich gar nichts recht zu melden ist — vor allem, wenn das gebieterische Papier gefüllt werden muss. Ob es wohl genau so eine Spalte wert ist, wenn die trübe Stadt an der Leine wieder so zugemüllt ist, wie wir sie alle kennen?

Das große Gähnen

Zeitgenosse: Sag mal, kriegst du eigentlich nie irgendwelche Frühlingsgefühle?

Nachtwächter: Doch, Bruder, die Frühjahrsmüdigkeit ist schon da.

Frühjahrsmüdigkeit hin oder her, das Zeitgesetz der BRD fordert von allen Menschen, dass in der heutigen Nacht um 2 Uhr die Uhren um eine Stunde auf 3 Uhr vorgestellt werden — ein hirnloser Schlafraub! Wenn ich nur daran denke, wie viele Menschen sich am Montag morgen noch schläfriger als sonst durch den Tag schleppen, fühle ich mich erst richtig müde.

Geheimdienst

Geheimdienst (der) — im Verborgenen arbeitende, staatliche Behörde zur diskreten Auszahlung der dreißig Silberlinge.

(siehe Mt. 26, 14-15)

Straßenbahn

Ich fahre nicht gern mit einer Straßenbahn, und ich bin wirklich dankbar für mein Fahrrad. Aber manchmal ist das Wetter nicht kompatibel zum Rad fahren. So war es zum Beispiel heute, nieselkalt und windig und gar nicht wie der Vorfrühling, den so mancher gelbe Strauch und so manche frühe Blüte verhieß.

Und während ich eine der Straßenbahnen in Hannover verwendete, durfte ich wieder einmal erleben, was ich an diesem Verkehrsmittel so hasse. Sicher, da ist vieles. Zum Beispiel der Geräuschpegel im Fahrgastraum, in Hannover so laut, dass nur die Hamburger S-Bahnen noch scheußlicher sind. Oder das so genannte „Fahrgastfernsehen“, das in einem Display vor sich hin flackert und aller Menschen Blicke an sich reißt, um sie mit unwichtigen Kurzmeldungen und jeder Menge Werbung zu füllen. Oder die bedrückende Kameraüberwachung in den meisten Straßenbahnen.

Alles nichts, was einen Menschen fröhlich machen könnte.

Aber das Schlimmste ist die Form, in der sich diese Umstände in der Psyche und damit im Sein der Menschen widerspiegeln. Die Form gewordene Verneinung der Menschlichkeit dieser „Beförderungsfälle“, die jede hannöversche Straßenbahn geworden ist, sie führt dazu, dass die Menschen wirklich zu vergessen scheinen, dass sie (und andere) Menschen sind. Ihr Blick bekommt etwas Leeres, da sind nur noch these staring sick eyes everywhere. Und ihr Verhalten bekommt ebenfalls etwas Leeres.

Ich musste umsteigen, und da ich ein Fahrrad dabei hatte, tat ich das am Aegi. Dort kann man auf der gleichen Ebene umsteigen, man muss einfach nur zum gegenüber liegenden Gleis gehen. Deshalb wird dort häufig umgestiegen, und der Fahrplan reflektiert diese Tatsache, indem bei planmäßigem Verlauf die beiden Bahnen gleichzeitig kommen und eine Aufenthaltsdauer haben, die das bequeme, hastlose Umsteigen möglich macht.

Nun, als ich am Aegi ausstieg, war die andere Bahn noch nicht da. Aber dafür standen dort viele Menschen, die auf ihre Bahn warteten, die Umsteigewilligen kamen gerade dazu. Es dauerte nur zwei Minuten, bis die Bahn kam, und sie war schon recht gut gefüllt. Ich schaute auf eine der großen Anzeigetafeln und sah, dass die nächste Bahn nur vier Minuten später kommen würde, deshalb hatte ich kein Verlangen, mich mit einem Fahrrad in eine inzwischen übervolle Bahn zu drängeln und trat ein paar Schritte zurück. Ich halte das für ein vernünftiges Verhalten, aber die Vernunft ist selten geworden in Hannover und besonders selten im hannöverschen Nahverkehr. Alle Wartenden außer mir drängelten sich in diese eine Bahn, sie stopften auch noch ihre prallen Einkaufstaschen und Kinderwagen in einen Raum hinein, der gewiss unangenehm eng geworden war. Als die Bahn abfuhr, schaute ich mich um. Ich war wirklich der Einzige, der auf die Idee gekommen war, einfach noch ein paar Minuten zu warten. Alle waren eingestiegen.

Schon nach zwei Minuten kam eine nicht planmäßige Bahn, die auch auf der Tafel nicht angekündigt war. Wahrscheinlich ein kurzfristig eingesetzter Verstärkungswagen wegen des hohen Aufkommens an „Beförderungsfällen“. Es saßen zwei Menschen darin. Ich stieg mit meinem Fahrrad dazu und fragte mich die ganze Zeit, warum die Menschen hier so stur und stumpfsinnig wie eben wieder beobachtet sind.

Kultur

Auf welch‘ trüben Stand die Kultur in Deutschland angekommen ist, spiegelt sich auch in der Sprache wieder: Eine kleine, meist recht hässliche Tasche zur Aufnahme einiger elementarer Körperpflegeartikel wird als Kulturbeutel bezeichnet.