Archive for November, 2009


Von verletzten Gefühlen

Die momentane, in etlichen in Europa verwurzelten Religionen zu beobachtende Stategie, einen besonderen, durchaus auch juristisch gewünschten, Schutz „religiöser Gefühle“ einzufordern, also einen Schutz, der völlig auf der psychischen Willkür religiöser Menschen beruht und wenig demütig auf jegliche Verankerung innerhalb bekannter Tatsachen und Zusammenhänge verzichtet, er ist in seiner blinden Schutzraumsuche nur ein Spiegelbild der längst erfolgten religiösen Kapitulation vor der fortschreitenden Erkenntnis der Menschheit; ein Versuch, ein Fitzelchen Land in den Ödnissen der Irrationalität zu regieren und auf bessere, dümmere Zeiten für die neuerliche Macht ihrer Religion zu hoffen, ohne dass die Gründe für den derzeitigen Zerfall und die unheiligen Verbrechen des Zwanzigsten Jahrhunderts auch nur irgendwie aufgearbeitet werden müssen. Die Menschen, die solche Forderungen stellen, demaskieren sich selbst gründlich — als ein lichtscheues Gesindel.

Und genau deshalb wird von diesem Pack eine Achtung vor dem menschlichen Verstand weder eingefordert noch praktiziert.

Volksbibel

Spätestens seit Papst Johannes Paul II. aus den Händen des „Bild“-Herausgebers und Chefredakteurs Kai Diekmann die „Volksbibel“ empfing, ist auch der Pakt zwischen Hochaltar und Rinnstein besiegelt.

Christian Bommarius [via Bildblog]

Kalenderanbeter

Ach, wie hübsch die Menschen jedes Jahr wieder aufs Neue Alte jene religiös verwurzelten Feste feiern, die vergangenes Geschehen im Jahreslauf imitieren und dramatisieren sollen! Sie belegen damit, dass ihr wirklicher Gott der Kalender, dass ihr wirklicher Glaube die gefühlte Unendlichkeit eines mechanischen Laufes, dass ihr wirkliches Leben das recht monotone Leben eines Uhrwerkes ist, dass durch solche Magie im unentwegten Ticken gehalten werden soll. Bei so viel Kalenderanbetung nimmt es nicht Wunders, dass so viele im Dunstkreis dieses Treibens dazu geneigt sind, das Ende allen Seins vor ihrem psychischen Auge zu sehen, nur weil ein Kalendersystem einmal in der Zählung einen Übertrag an vielen Stellen verursacht — ob es sich um die inzwischen vergessene, idiotische Furcht vor dem Jahr 2000 handelt, oder ob es sich um die nicht minder dumme Furcht vor dem Jahr 2012 handelt, in dem der Kalender der Maya, eines amerikanischen Steinzeitvolkes, einen Überlauf in allen seinen Zählungen erfahren wird. Unterdessen, und unbeeindruckt von aller dieser recht künstlichen Zahlenfurcht, läuft ein wahnhafter Prozess weiter über die menschlichen Gesellschaften ab, einer, der den Menschen das Leben nimmt und es zu einer mehr mechanischen Angelegenheit macht.

Der nicht geschrieben hat

Wenn mir eines sympathisch ist an diesem biblisch überlieferten Jesus aus Nazaret, denn ist es die Tatsache, dass dieser Mensch, der sein ganzes Leben im Wirkbereich einer pedantischen und herzkalten Schriftreligion verleben musste, selbst nicht ein einziges Wort geschrieben hat — er wusste ja auch zu genau, was mit geschriebenen Worten angestellt wird, wenn sie erst einmal zur Religion der Buchanbeter werden. Wie viel Gewese doch — im Gegensatz zu ihm — alle seine Verehrer um eine so genannte „Heilige Schrift“ machen!

Emanzipation

Frauen in Spielstätten: Endet die Emanzipation am Automaten? Repräsentative Umfragen haben zu dem erschütternden Ergebnis geführt, daß in Deutschlan das Spielpublikum zu 83 Prozent aus Männern besteht. Die Gründe sind rätselhaft. Eine Lösung dieses Rätsels könnte unserer Branche nützlich sein, um ein riesiges brachliegendes Marktsegment zu erschließen

Schön, dass ich noch einmal lerne, was das Wort „Emanzipation“ für gewisse Zeitgenossen bedeutet: Einfach nur die „Erschließung eines weiteren Marktsegmentes“.

Quelle des Scans: Automatenmarkt, Das Fachmagazin für den erfolgreichen Automatenunternehmer, Jahrgang 1996

Haus der Lüge

Erstes Geschoss
Hier leben die Blinden, die glauben was sie sehen,
Und die Tauben, die glauben was sie hören.
Festgebunden auf einem Küchenhocker sitzt ein Irrer,
Der glaubt alles was er anfassen kann:
…seine Hände liegen im Schoß.

Zweites Geschoss
Rolle für Rolle, Rauhfaser tapeziert.
In den Gängen stehen Mieter herum,
Betrachten die Wände aufmerksam
Suchen darauf Bahn um Bahn
Nach Druck- und Rechtschreibfehlern:
…können nicht mal ihren Namen entziffern.

Auf ins nächste Geschoss
Welches — oh Wunder — nie fertiggestellt
Nur über die Treppe erreicht werden kann.

Hier lagern Irrtümer, die gehören der Firma,
Damit kacheln sie die Böden, an die darf keiner ran.

Viertes Geschoss
Hier wohnt der Architekt, er geht auf in seinem Plan
Dieses Gebäude steckt voller Ideen:
Von Funda- bis Firmament und vom Fundament bis zur Firma.

Im Erdgeschoss
Befinden sich vier Türen die führen direkt ins Freie,
Oder besser gesagt: In den Grundstein
Da kann warten wer will, um zwölf kommt Beton.
Grundsteinlegung! Grundsteinlegung! Lüge! Lüge! Lüge!
Gedankengänge sind gestrichen,
In Kopfhöhe braun, infam, katholisch violett
Zur besseren Orientierung.

Dachgeschoss
Es hat einen Schaden.
Im Dachstuhl sitzt ein alter Mann
Auf dem Boden tote Engel verstreut;
Deren Gesichter sehen ihm ähnlich.
Zwischen den Knien hält er ein Gewehr
Er zielt auf seinen Mund.
Und in den Schädel,
Durch den Schädel,
Und aus dem Schädel heraus
In den Dachfirst
Dringt das Geschoss.

Gott hat sich erschossen.
Ein Dachgeschoss wird ausgebaut.

Einstürzende Neubauten: Haus der Lüge | YouTube-Direktlink

Die Mumie

Die überlieferte Religion und der zusammen mit ihr überlieferte Aberglaube (vor allem in Form der Astrologie leider immer noch recht populär) gleichen einer Mumie, die sich durch sorgfältige Präparation in die heutige Zeit gerettet hat. Es kann durchaus interessant und aufschlussreich sein, eine solche Mumie genau zu untersuchen, um etwas über die psychische Beschaffenheit derer zu lernen, die solche Mumien anfertigten — schließlich waren es Menschen mit der gleichen psychischen Beschaffenheit wie wir, was uns zur Demut anhalten sollte. Aber es ist ziemlich dumm und aussichtslos, eine solche Mumie wieder zum Leben erwecken zu wollen. Das einzige, was bei solchem Unterfangen entstehen kann, ist ein Monster, dass sich gruselig durch eine Zeit krepelt, die nicht seine ist.

Ein wenig von diesem Gruseln kann jeder fühlen, der sich ernsthaft (und ohne die Haltung der Abgrenzung) mit einem Fundamentalisten unterhält.

Pädophilie

Die besondere, fast die gesamte Gesellschaft erfassende und immer noch breit politisch instrumentalisierte Ächtung, mit der alle Verbrechen auf dem Hintergrund der sexuellen Neigung zur Pädophilie belegt sind, sie ist ein Spiegelbild der allgemeinen Verdrängung der kindlichen Sexualität.

Vom „Geist“ des deutschen Stammtisches

Aus einer Werbung für Musikboxen im Jahre 1967

Aus einer Werbung für Musikboxen aus dem Jahre 1967. Hossa! Hossa! Auf die Leber!

Der „saubere“ Sport

Es ist gut möglich, dass wir noch das erleben werden, was unter dem Schlagwort vom „sauberen Sport“ als so erstrebenswert und echt hingestellt wird: Einen professionell betriebenen Sport völlig ohne Doping. Wenn das Wettgeschäft erst größer als das Werbegeschäft ist — und der Werbemarkt hat seine besten Zeiten schon längst hinter sich gebracht — dann wird das abgesprochene oder von den großen Wettanbietern zur Profitmaximierung gekaufte Ergebnis zur Regel werden. Irgendwelche Mittel zur individuellen Leistungssteigerung sind nicht mehr erforderlich. Da, wo der „Sport“ immer schon eine große Nähe zur Wettlust hatte, etwa bei den rennenden Pferden, da haben derartige Absprachen, wenn sie einmal bekannt werden, kaum noch ein nennenswertes Empörungspotenzial und jedem ist klar, dass es sich nur um die Spitze eines Eisberges handelt, ohne dass das die Freude am Zocken trübt.

Die Befreiung

In ihrem unentwegten Streben nach einer möglichst totalen „Marktbefreiung“ erreichen immer mehr Vertreter der classe politique den Zustand der totalen Merkbefreiung.

Mundschrott

Es ist doch schlichterdings absurd, wenn eine Zahncreme in ihrer Werbung damit um einen Kauf und um gläubige Benutzung bittet, dass sie von Zahnärzten empfohlen sei. Es ist beinahe so, als textete ein Werber, dass ein Auto von Schrotthändlern empfohlen wird… :mrgreen: