Archive for Januar, 2007


Überzeugungen

Manche Menschen sind dermaßen überzeugt, dass sie gar nicht mehr wissen, wovon sie überzeugt sind.

Vistatag

Kaufen sollt ihr!Es sind doch bestimmt gar nicht so wenige Leute, die sich gleich heute das schöne neue Windows Vista besorgen. Was wäre schließlich das Leben ohne Probleme? Doch eher langweilig.

Es ist zwar alles ein bisschen komplizierter als bei anderen Betriebssystemen, aber dafür bekommt man wieder ein mit hohem Aufwand hergestelltes Qualitätsprodukt. Ja, der Aufwand, den man bei Microsoft und andernorts mit diesen Produkten voller Altlasten hat, der ist immens. Und eine gewisse Qualität entsteht dabei ja auch immer — dafür sind die Microsoft-Produkte ja auch berüchtigt berühmt.

Kaum verständlich, dass jetzt gar nicht so eine große Update-Lust wie damals bei der Einführung von Windows 2000 und Windows XP ausbrechen soll. Dabei gab es doch so eine Breitseite von Werbung für dieses tolle System. Da muss man doch einfach kaufen. Oder, wenn man bereits zu Weihnachten gekauft hat, seine Bezugsmarke einlösen. Wer könnte da widerstehen? Doch nur ein paar konsumverweigernde Terroristen der Zufriedenheit, die einfach mit dem zufrieden sind, was sie gerade haben und ihren Rechner vor allem benutzen, um damit etwas zu erreichen.

Ob sich wohl gleich frühmorgendliche Schlangen vor den Kaufhäusern bilden werden? Wie damals, 1995, als es das neue Windows gab? Und wie damals, in der DDR, wenn es einmal Südfrüchte gab?

Verbrennungszeitalter

Beinahe die gesamte jüngere Technikgeschichte bestand nur in immer besser optimierten Methoden zur Verbrennung. Ich weiß natürlich nicht, wie Historiker späterer Generationen unser Zeitalter nennen werden, aber Verbrennungszeitalter scheint ein guter Kandidat für das beschreibende Wort zu sein.

Dies gilt vor allem, wenn ich mir vorstelle, wie künftige Generationen die Folgen davon tragen werden, dass das über Jahrmillionen in schwarzen Steinen und schwarzem Schlamm gespeicherte Kohlendioxid von nicht einmal einer Handvoll Generationen beinahe vollständig freigesetzt wurde. Man nennt diesen Wahnsinn zurzeit „Wachstum“ und „Fortschritt“.

Für jedes Blogsystem gibt es eine erstaunliche Vielfalt an Plugins, mit deren Hilfe Statistiken erstellt werden können. Darüber hinaus gibt es auch einige kostenpflichtige und kostenlose Dienste zu diesem Zweck. Diese Statistiken geben Aufschluss darüber, welche Bereiche und Texte des Blogs von einem Browser angefordert werden. Sie sind eine automatisiert erstellte, nummerische Bewertung des Blogs.

Mehr nicht. Sie sind eine automatisiert erstellte, nummerische Bewertung des Blogs. Sie haben zunächst nichts mit Menschen zu tun.

Statistiken geben keinen Aufschluss über die Qualität eines Blogs, sie beleuchten nur gewisse Aspekte des Verhaltens der Lesenden. Menschen mit Selbstzweifeln können sich von solchen Zahlen dennoch leicht beeinflussen lassen und dann versuchen, diese Zahlen zu erhöhen. Das geht am besten, wenn die Blogthemen dem Massengeschmack und der barbarischen „Popkultur“ angepasst werden. Das Streben nach „guten Statistiken“ ist eine kindische und unreflektierte Nachäffung des Strebens der Medienanstalten nach „hohen Einschaltquoten“, nur, dass es noch viel sinnfreier ist. Die „hohen Einschaltquoten“ einer Rundfunkanstalt dienen zur Bemessung der Preise für den wesentlichen Teil des Programmes, für die eingespielte Werbung; daher wird von den Rundfunkanstalten aus rein ökonomischer Motivation heraus viel Geld darin investiert, „hohe Einschaltquoten“ zu erreichen. Das Programm außerhalb der Werbezeiten bildet bei solchem Streben der Content-Industrie den Massengeschmack ab, es wird flach und dumm, besteht aus der darbenden Darbietung von „Brot und Spielen“.

Im Falle eines persönlichen Blogs, der in der Regel keine Einkünfte erbringen muss (und dies auch kaum kann), führt das Streben nach dem Selbstzweck der „guten Statistiken“ nur zu Verflachung und Dummheit. Ein schäbiges Blog, in dem nur immer wieder Namen und Bezeichnungen wie „Paris Hilton“, „Thomas Gottschalk“, „Angela Merkel“, „DSDS“, „Dieter Bohlen“, „Günther Jauch“, „Oliver Pocher“, „iPhone“ und so weiter eingestreut werden, es wird unter dem Maßstab der Statistiken besser abschneiden als ein hochwertiges Blog, dessen enge thematische Ausrichtung und hohe Dichte nur wenige, aber aufmerksame und interessierte Leser anzieht.

Dennoch können Statistiken nützlich sein. Leider ist es bei den meisten Plugins und Diensten schwierig, an nützliche statistische Informationen zu gelangen. Das aufmerksame Auswerten der gesammelten Daten trägt nämlich das Potenzial in sich, ein Blog zu verbessern. In der Regel muss man sich dann allerdings selbst um eine vernünftige Auswertung kümmern, die automatisch erstellten Statistikübersichten beschränken sich so sehr auf das Minimum, dass sie für ernsthafte Analysen unbrauchbar werden.

Ich möchte dafür nur ein Beispiel nennen. Bis vor wenigen Tagen habe ich in diesem Blog durchgängig unter jedem Posting einige Technorati-Tags gesetzt. Das sind Schlagworte, nach denen Beiträge mit Hilfe die Blog-Suchmaschine Technorati aufgefunden werden können. Eine solche Verschlagwortung habe ich an sich immer für eine sinnvolle Idee gehalten. Doch die Analyse der Zugriffe über zwei Wochen hinweg offenbarte mir, dass in diesem Zeitraum nur ein einziges Mal ein Leser nach einem meiner Tags gesucht hatte und so hierher fand — die überwiegende Anzahl der Nicht-Stamm-Leser kommt immer noch über die Volltextsuche von Google.

Es erschien mir nun durchaus möglich, dass meine Tags einfach schlecht gewählt waren. Diese Möglichkeit habe ich oberflächlich untersucht, indem ich selbst nach einigen meiner häufigeren Tags gesucht habe. Dabei musste ich feststellen, dass in deutschsprachigen Blogs sehr wenig „getaggt“ wird. Und das brachte mich dazu, das Taggen einzustellen.

Wieso ein solches Weglassen eine Verbesserung des Blogs ist?

Zum ersten sind die Tags für die Leser sichtbar. Die bloße Anwesenheit der Tags zieht Aufmerksamkeit von den eigentlichen Inhalten ab, diese wird von einer rein technischen Angabe aufgesogen. Tags fordern vom menschlichen Leser eines Blogs, dass er zusätzliche Entscheidungen darüber treffen muss, welche Teile eines Postings Bestandteil des Mitgeteilten sind. Es wird ein wegen seiner Wirkungslosigkeit überflüssiges Element in die Navigation eingebracht, das bei seinem Wegfall von niemandem vermisst wird.

Zum zweiten haben die Tags aber auch eine Wirkung auf mich, wenn ich ein Posting schreibe. Jeder Text wird durch seine Verschlagwortung zweimal geschrieben. Die erste Version ist für den Leser bestimmt, die zweite Version ist eine Reihe von Schlagworten für einen technischen Prozess. Es ist nicht so einfach, gute und zutreffende Schlagworte zu finden; man macht sich darüber beim Schreiben schwierig zu beantwortende Fragen: Soll das Schlagwort in seiner Singular- oder in seiner Pluralform verwendet werden? So sehr ich das zu vermeiden gesucht habe, die Verschlagwortung war immer schon unbewusst gegenwärtig, wenn ich eigentlich noch Text für Menschen geschrieben hatte. Durch den Verzicht auf dieses wirkungslose Instrument ist meine gedankliche Kraft ungeteilter dem Eigentlichen und Beabsichtigten gewidmet, dem Führen eines Blogs. Tatsächlich konnte ich als erste persönliche Auswirkung feststellen, dass ich nun sehr viel weniger Rechtschreibfehler mache — das war auch für mich eine Überraschung.

Aber um eine Einsicht in die Wirkungslosigkeit der Verschlagwortung zu bekommen, musste ich ein paar Daten auswerten – sonst wäre mir diese Tatsache niemals aufgefallen. Und wegen solcher möglicher Einsichten können Statistiken gelegentlich nützlich sein — sowohl für den Autor eines Blogs, als auch für die Leser, der das Geschriebene dann aufnehmen soll. (Eventuell gibt es in den nächsten Tagen noch kleine Anpassungen an meiner Navigation, aber das ist aus den Statistiken heraus nicht ganz so klar.)

Würde ich die Statistiken hingegen naiv verwenden und nach „guten Zahlen“ streben, hätte ich wohl ganz anders reagiert. Mein mit Abstand meistgelesenes Posting in diesem Blog ist die Download-Seite für mein Theme „Lichernacht“. Dieses Posting wird von ungefähr neun Prozent aller Leser direkt angefordert. Wenn es mir ein fetischhafter Selbstzweck wäre, möglichst viele vielgelesene Postings zu haben, würde ich einfach regelmäßig neue Themes entwerfen und zum freien Download stellen — eine inhaltlich recht dröge Tätigkeit, die bestenfalls technische Qualität hervorbrächte.

Kein Parteibuch mehr

Ein weiteres Blog wird wegen der juristischen Unwägbarkeiten und Risiken beim Bloggen in der BRD aufgegeben: Marcel Bartels schließt sein Parteibuch.

Danke!

Auch, wenn Stefan Münz jetzt nicht mehr gewillt ist, dieses großartige und freie Werk fortzusetzen: Sein Projekt SelfHTML war über Jahre hinweg das nützlichste Nachschlagewerk zu allen Fragen rund um die Gestaltung von Internet-Dokumenten — und das auch noch in deutscher Sprache.

Viele Sites, die jetzt das deutschsprachige Internet bereichern, hätte es ohne diese Dokumentation wohl niemals gegeben. Auch ich habe damals HTML nur mit Hilfe (einer sehr frühen Version) dieses großartigen Werkes gelernt.

Es ist mir einfach ein Bedürfnis, mich bei Stefan Münz für diese jahrelange Arbeit zu bedanken.

Danke für SelfHTML.

Übers Bloggen (1): Hohlräume

Wenn gewisse Menschen über das Bloggen sprechen oder schreiben, kommen sie dabei oft zu einer zweckoptimistischen, den eigenen Wünschen entsprungenen Beurteilung, die gar nicht weiter von der Wahrheit entfernt sein könnte. Das ist in seinem abgehobenen Realitätsverlust beachtlich, da schon das aufmerksame Lesen einiger Blogs die Beurteilung als unzutreffend entlarvt.

Aber zunächst sei die falsche Beurteilung hier wiedergegeben: Die Blogs sollen ein neues mediales Phänomen sein, das der etablierten Content-Industrie entgegen gerichtet ist; das vielleicht sogar die Kraft entwickelt, etablierte Produkte des Journalismus zu ergänzen oder — wenn der Redner oder Schreiber besonders schwärmerisch wird — sogar zu ersetzen. Gelegentlich wird eine solche Schwärmerei noch verwürzt durch basisdemokratische oder anarchistische Träumereien von einem dämmernden Ende der zentral gesteuerten Medien und von einer vernehmbaren, einflussreichen Stimme für Jeden, von einer wirkmächtigen Gegenöffentlichkeit.

Der Anblick „real existierender Blogs“ gibt denn aber doch ein völlig anderes Bild. Wer nicht gleich ein Tagebuch des allzu Unwichtigen und Belanglosen führt (ich meine das nicht nur abwertend und werde weiter unten noch einmal genauer darauf eingehen), der arbeitet sich im Allgemeinen an den Produkten jener Content-Industrie ab, die doch gemäß der populären Rede von den „revolutionären Blogs“ durch die Tätigkeit des Bloggens gefährdet sein sollten. Die so genannte „Bloggospähre“ erweist sich in der Praxis vor allem als ein „Raum“, in dem die Stimme des emsigen, industriellen Nachrichten-Betriebes tausendfaches Echo als Widerhall erhält; und damit erweist sie sich auch als ein „Raum“, in dem die gleichen Stimmen zur Marginalität verdammt werden, die bereits in den Produkten der Content-Industrie marginalisiert sind.

Ein Raum, der so viele Echos wiedergibt, ist groß und ziemlich hohl. Die so genannte „Bloggosphäre“ zeigt sich also immer wieder als ein Hohlraum; sie mag damit widerspiegeln, dass auch viele der beteiligten Menschen — also: der Blogger — eher etwas hohl geworden sind. In diesen Menschen findet sich nicht genügend gedankliche Substanz und Individualität, dass aus ihnen Gehaltvolles, Neues, Wertvolles und Kreatives fließen könnte, oft wird nicht einmal der unverschämt bescheidenen Forderung des Bildungsbürgertums nach „Niveau“ Genüge getan.

Es gibt nun aber eine Reihe von Blogs, die nicht nur überdurchschnittlich gut sind, sondern dabei auch populär geworden sind. (Ich werde hier jetzt keinen verlinken, aber jeder wird einige kennen.) Interessanterweise zeigt sich auch in dieser Erscheinung der Hohlraum der Bloggosphäre. Die Mitteilungen aus diesen Blogs finden ihrerseits — genau wie die allzu routinierten Auswürfe der Content-Industrie — ein tausendfaches Echo, sie scheinen den hohlen Blogger nicht etwa zur Verbesserung der eigenen Mitteilungen und des eigenen Stiles anzuspornen, sondern von ihm als gleichwertige Themenstimulanz neben den Meldungen der großen Agenturen, Medienanstalten und Zeitungen betrachtet und behandelt zu werden.

Es scheint mir nur eine Frage der Zeit zu sein, bis diese Mechanismen innerhalb der Werbebranche und der Content-Industrie in erschöpfender Tiefe analysiert und für die eigenen Zwecke nutzbar gemacht werden. Der tosende gebloggte Widerhall um eine Nullmeldung wie das jetzt von Apple vermarktete Telefon und der dabei sichtbar gewordene, blinde Markenfetisch der Massen lässt für die Zukunft nichts Gutes ahnen. Von den Träumereien vom Graswurzeljournalismus verbleibt beinahe nichts.

Jetzt aber noch einmal wie oben angekündigt zum provozierenden Wort von den „Tagebüchern des allzu Unwichtigen und Belanglosen“. Tatsächlich verbleiben diese klar persönlichen Mitteilungen als die wirkliche Neuerung, so uninteressant viele dieser „Netztagebücher“ für mich auch sind. In einigen wenigen dieser Blogs, die von Reisen, Schulalltag, Armut, Sammelleidenschaft, Frühstück, Arbeit und anderen Erlebnissen berichten, habe ich mich regelrecht festlesen können. Sie können — wenn der Blogger nur klar und reflektiert schreiben kann — einen deutlicheren Eindruck vom gegenwärtigen gesellschaftlichen Prozess geben als alle in der Form erstarrten und vor analytischen und kalten Phrasen triefenden Bewertungen geübter Nachrichten- und Politblogger. Und sie können mir auch immer wieder einmal zeigen, dass es auch in diesem Zeitalter des massenhaft produzierten und alles überflutenden Kitsches noch eine lebendige Lyrik in deutscher Sprache gibt. Zum Glück konnte und kann ich dabei auch immer einmal wieder feststellen, dass es in Deutschland auch bessere Satiriker als Bruno Jonas gibt.

Davon ist in den geschliffenen Artikeln und Reden über das Bloggen aber kaum die Rede; das vielleicht Wichtigste, aber mit Sicherheit Neueste daran wird für uninteressant gehalten. Stattdessen wird die Aufmerksamkeit auf jene Teilerscheinungen gelegt, die politisch und wirtschaftlich ausbeutbar sind — und darin spiegelt sich das Menschenbild derer, die so reden: Das Menschliche am Tun des Menschen soll für übergeordnete Absichten und Zwecke marginalisiert werden.

Die gegenwärtige Abmahnpraxis stellt einen Rechtsmißbrauch dar, da in der Regel nicht das Recht entscheidet, sondern Geldmacht. Sie vergiftet das Internet als Ort kultureller Innovation, Produktivität und Kommunikation, da sich ihre lähmende Wirkung bei weitem nicht auf die tatsächlich Abgemahnten beschränkt.

Der ganze Artikel beim Alarmschrei ist zwar ein etwas längerer Text, aber unbedingt lesens- und verlinkenswert.

Das Wellness-Messer

Wie doch unter dem undeutschen, undeutlichen und damit unfühlsamen Fremdwort „Wellness“ alles zusammen gestellt werden kann, was nicht zusammen gehört! So zum Beispiel unter der hirntoten, für eine Anlage in Bad Salzschlirf werbenden Überschrift „Das tote Meer lebt mitten in Hessen“ die folgende, höchst beachtenswerte Zusammenstellung:

Wellnessmäßig alles, was es gibt, einschließlich Schönheits-Chirurgie...

Ein Massage, eine Schlammpackung und einmal durchoperieren bitte! Danach fühlt man sich doch gleich wieder so richtig „well“. :mrgreen:

Quelle des Scans: „Einkauf aktuell“, Ausgabe Hannover/Braunschweig für den 27. Januar bis 2. Februar

Werkvorstellung

Wenn man eine so genannte „Talkshow“ in einem der vielen „dritten Programme“ der ARD mitbekommt, in der geladene Vertreter der Content-Industrie reihum und wortreich ihre neuesten Filme, CDs und Bücher vorstellen, denn kann man schon einmal Schwierigkeiten haben, eine solche Darbietung von einer Dauerwerbesendung zu unterscheiden.

Tagessammlung Leseernte

Heute gibt es richtig viel zu lesen, vor allem an anderen Stellen. Hier meine etwas flapsige Sammlung der heutigen Stolperstellen im Internet.

Papstwort

Und zur guten Nacht einmal etwas ganz anderes: Der angemaßte „heilige Vater“ der nach eigener Lehre einzig selig machenden römisch-katholischen „Kirche“, Benedikt der Sechzehnte, öffnete seinen Mund und nahm Stellung zu einem recht aktuellen Thema:

Jeder Trend, für Unterhaltungszwecke beispielsweise Filme und Videospiele zu produzieren, die Gewalt verherrlichen, antisoziales Verhalten darstellen oder menschliche Sexualität banalisieren, sei eine „Perversion“. Diese sei umso abstoßender, wenn diese Programme für Kinder oder Jugendliche gemacht würden. „Wie kann man diese ‚Unterhaltung‘ den zahllosen jungen Menschen erklären, die unter Gewalt, Ausbeutung und Missbrauch leiden?“

Offen bleibt in diesem mutigen Wort allerdings die Frage, wie man den „jungen Menschen, die unter Gewalt, Ausbeutung und Missbrauch leiden“ ein paar Eigenheiten der römisch-katholischen Religion erklären kann. Zum Beispiel — und das ist nur eines von vielen Beispielen — die Tatsache, dass diese silberlinggeilen Jesusverkäufer mit jeder Armee der so genannten „christlichen“ Staaten zusammenarbeiten und dabei auch keine Hemmungen haben, ihr lästerliches Pfaffengeschmeiß segnend vor jene Gewehre und Kanonen zu stellen, mit denen eine sehr viel realere Gewalt als in Film und Computerspiel ausgeübt werden soll und ausgeübt wird. Selbst für den indoktriniertesten Waisen, Krüppel oder Toten wird es da nur ein schwacher Trost sein, dass die Ursache der Verheerung ein bisschen fromm besummselt und mit ein paar eiligen Tröpflein Weihwassers besprenkelt wurde.

Natürlich bleibt eine solche Rede des römischen Gewaltfreundes nicht frei von missbrauchten Jesusworten, schließlich weiß diese „Kirche“ allein schon aus ihrer Tradition heraus, dass Jesus nicht mehr viel dagegen unternimmt:

Der Papst empfiehlt, über den Gegensatz zwischen Christus und demjenigen nachzudenken, der „einen von diesen Kleinen zum Bösen verführt“. Während der Gottessohn „die Kinder in seine Arme nahm, ihnen die Hände auflegte und sie segnete“ (Mk 10, 16), wäre es für den anderen besser, „man würde ihn mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer werfen“ (Lk 17, 2).

Dieser Empfehlung kann ich mich angesichts solcher Papstworte nur anschließen. Und nicht nur das, ich sehe gerade die ganze Pracht des Vatikans vor meinem inneren Auge und muss noch an ein weiteres biblisch überliefertes Jesuswort denken, das gewiss keinen Bezug zu den Machenschaften der römisch-katholischen Kirche hat: „Steht nicht geschrieben: Mein Haus soll heißen ein Bethaus allen Völkern? Ihr aber habt eine Räuberhöhle daraus gemacht.“ (Mk 11, 17)