Archive for Februar, 2012


Dieses Wissen

Genau auf den Nerv der Zeit! Perfekte technische Raffinesse! Die bessere Idee gewinnt! Das neune Computer Quiz

Dieses Wissen, das mich beim Anblick alter Reklame für technische Geräte befällt; dieses Wissen darüber, wie lächerlich der dernier cri der Technik, dem sie alle nachhecheln und dieses Design, das die Menschen heute so cool finden, mit nur wenigen Jahren Abstand aussehen wird. Und. Dieses Wissen, dass es auch heute schon genau so lächerlich ist.

Quelle des Scans: Automatenmarkt 5/1973

Geldsport

Vom Tagestief erholt. Aus Furch vor einem Rückschlag der Konjunktur wegen des zuletzt stark gestiegenen Ölpreises ist der Dax zu Wochenbeginn auf Talfahrt gegangen und verlor in der Spitze bis zu 1,6 Prozent. Doch dann kommt es zu einer spektakulären Aufholjagd

Dass die sprachlichen Metaphern, die in der Berichterstattung von den Börsen verwendet werden, den Phrasen der Sportberichterstattung so nahe stehen, ist Spiegelbild der Tatsache, dass die gleiche psychische Irrationalität hinter beidem steht — und kann in diesem Spiegelbild offenbaren, dass in den zu Unrecht als seriös geltenden großen Börsenwettbüros das Schicksal von Menschen in die Hände verantwortungsloser Hazardeure gelegt wird. Da nimmt es nicht Wunders, dass mehr von „der Psychologie“ als von Fakten die Rede ist.

Opfer des Greenwashings

Menschen, die mir erzählen, dass ein Elektoauto „emissionsfrei“ sei, ganz so, als ob sie wirklich daran glaubten, der Strom käme aus der Steckdose.

Demoskopie

Demoskopie (die) — Durchgeführte Umfragen, die vorgeben, die Stimmung und Zustimmung in der Bevölkerung zu ermitteln, in ihrer Präsentation aber häufig gestaltet sind, dass sie die Stimmung und Zustimmung in der Bevölkerung herstellen.

Fünfmarx

Detail aus der Rückseite der 5-DM-BanknoteMit der letzten Ausgabe der vermutlich ungebräuchlichsten DM-Banknote, des Fünf-Mark-Scheines, vor der Einführung des Euro verbindet sich eine Kleinigkeit, die vieles über die Bundesrepublik Deutschland sagt. Alle Banknoten dieser Serie wurden vom „Hausgrafiker“ der Deutschen Bundesbank, Reinhold Gerstetter, entworfen. Dieser sah auf der Rückseite der Banknote, rechts unten am weißen Rand, jeweils ein kleines, ikonografisches Symbol vor, das zur auf der Vorderseite der Banknote porträtierten Person in einer bestimmten Beziehung stand.

Auf dem Fünf-Mark-Schein war Bettina von Arnim abgebildet, und da diese Schriftstellerin eine rege Korrespondenz mit vielen noch heute berühmten Zeitgenossen pflegte, sah Gerstetter dort einen Briefumschlag kombiniert mit den Unterschriften der bedeutendsten Briefpartner vor.

Die Deutsche Bundesbank hatte vor dem Druck der neuen DM-Banknoten an diesem Detail des ursprünglichen Entwurfes allerdings eine kleine Korrektur vorgenommen: Die Unterschriften von Goethe, Schiller und Heine erregten natürlich kein Missfallen, aber die von Gerstetter ebenfalls vorgesehene Unterschrift des Philosophen Karl Marx wurde für den Druck nicht übernommen.

Nicht länger gedacht sollte seiner mehr werden.

Quelle der Abbildung: Deutsche Bundesbank

Eis und Idyll

Ein kaputter Autoreifen dümpelt in einem trüben, schmutzigen Weiher

Wenn das Eis erst einmal geschmolzen, wird unter so manchem, was von Kälte dazu gezwungen vorübergehend wie ein Idyll aussah, die Scheiße sichtbar.

Papier- und Contentjubel

Die ganze Journaille und sonstige Newsindustrie macht gerade mit ihren zu Papier und Content werdenden Jubel so bemerkenswert, dass es kaum jemand bemerkt, deutlich, dass sie genau weiß, dass der Bundespräsident in Wirklichkeit von ein paar Leuten in den Parteispitzen bestimmt wird und dass das Ergebnis der kommenden Bundesversammlung bereits feststeht.

Einstellung der Fernsehserie

Er erzählte dem Vorübergehenden, dass er einmal als kleiner Junge seinen Vater gefragt habe, wann dann im Fernsehen endlich diese Serie namens „Tagesschau“ eingestellt würde, weil alle diese Probleme doch einmal gelöst sein müssten.

Reklameopfer

Die ganz normalen Opfer, die jederzeit und entschieden sagen würden, dass die ganze Reklame ja nur Lüge ist und dass sie das auch wissen: Frauen, die in künstlich geschürter Angst vor unsichtbaren Keimen jedem Eindringen von Erscheinungen der äußeren Welt in ihre Wohnung mit einem in Sagrotan getränkten Lappen begegnen, die aber zwischendurch einen Jogurt in sich hineinlöffeln, von dem sie vermutlich im gleichen Werbeblock gesehen haben, dass seine Bakterien den Darm erreichten und deshalb gut für Immunsystem und Verdauung wären.

Diese Balkone

Balkone eines Wohnhauses in der hannöverschen Südstadt

Diese Balkone, die den dahinter lebenden Menschen ihren Stempel aufdrücken, so weit, dass diese beinahe alle von allein bemerken, dass auf diesen Balkonen nicht einmal ein Blumenkasten angemessen wäre. Eine Architektur. Deren Entwurf durch allzu lebendige Zeichen des Lebens beschädigt würde. Mit Blick auf den hitlerschen Maschsee, die Mutter aller als „sozial“ verkleideten Fronarbeit.

Abtreiber

Die Klassifikation der Antibabypille als eine Form der „Abtreibung“, wie sie zurzeit von einigen Religioten¹ in den USA als Propaganda vorangetrieben wird, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Am Ende dieses Weges, wenn man ihn nur beherzt voranschreitet, steht, dass man Ordensleuten und röm.-kath. Priestern in schreienden Tönen moralisierender Inbrunst entgegenskandiert: „Zölibat ist Mord am noch nicht gezeugten Leben“.

Und dann vermehren wir uns alle wieder wie die Karnickel. Sicher, jene, die noch nicht völlig verdummt sind, stellen dabei fest, dass exponentielles Wachstum auf begrenztem Raum nicht möglich ist und halten die sich abzeichnenden Nöte keineswegs für unanwendbar. Aber kein Problem, die klassischen Freunde des Gottes aller Christen, Elend, Siechtum und Hunger; sie sorgen schon wieder ganz von allein für ein Zurechtschrumpfen der Menschheit — und was ist schon das „bisschen Leid im irdischen Jammertal“ gegen eine Ewigkeit im christlichen Wolkenkuckucksheim?!

¹Nicht jeder religiöse Mensch würde von mir mit diesem Kofferwort aus „Religion“ und „Idiot“ als ein „Religiot“ bezeichnet werden. Aber diese Menschen. Immer.