„Architektur als Kunst des Bauens“, sagte der Vorübergehende, während er mit seinem Begleiter am Ihmezentrum vorüberging, „beabsichtigt nicht nur einen Schutz des menschlichen Körper vor dem Wetter und der feindlichen Natur, sondern immer auch eine Einwirkung auf den Geist, eine ästhetische Erziehung durch beständiges, lebensbegleitendes Beispiel. Deshalb spiegelt sich in der Architektur jedes Zeitalters das Menschenbild dieses Zeitalters verblüffend gut wider. Es ist allerdings völlig auf das Menschenbild jener Besitzenden reduziert, die für das Errichten und die Ausgestaltung von Gebäuden bezahlen und auf diese Weise für die Nachwelt dokumentieren, wie sie mich und dich und alle anderen Menschen haben wollten und wollen“.
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Sitzbänke vor dem gerade erst neu gebauten HannoverServiceCenter in Hannover, die von einem dafür mit städtischen Mitteln sicherlich recht gut bezahlten Menschen vorsätzlich so entworfen oder ausgewählt wurden, dass man sich weder beim Sitzen anlehnen noch darauf legen kann, damit sie auch ja nicht von obdachlosen Menschen benutzt werden können. Für diese gibt es ja schließlich den Boden, der ist Dreck gewohnt…
Gefragt, warum er so selten Menschen und so häufig Gebäude fotografiere, sagte der Vorübergehende: „Die Menschen gehen vorüber, und es sei ihr Recht, Vorübergehende zu sein, ohne dass man sie in ihren Vorübergehen auf Bildern festhält. Die Architektur hingegen, sie wird von Herrschenden und Besitzenden klotzmächtig in den öffentlichen Blickraum gestellt, transportiert die kalten, gierigen, faschistischen und menschenverachtenden Ideen ihrer Bauherren und ist vorsätzlich dafür gemacht, auf Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte dem Raum für das menschliche Miteinander einen Stempel aufzudrücken, unter dessen Last sich noch jeder gebückt hat. Gern nehme ich diese Architektur auf, um sie gegen die Abstumpfung durch den immer wieder gleichen Sinnesreiz als das zu zeigen, was sie ist, damit sie auch möglichst oft als das gesehen werde, was sie ist“.
Die Architektur des Spregelmuseums zu Hannover erinnert zumindest mich recht stark an die Gestaltung einiger Level in Doom, nur dass (noch) keine Waffen und keine Munition herumliegen. Die Spielhandlung von Doom ist, dass menschliche Siedlungen auf den Marsmonden Phobos und Daimos nach missglückten Teleportations-Experimenten von Kreaturen aus der Hölle übernommen wurden, und dieser Hintergrund passt schon gut zur Architektur mit ihren nur notdürftig dekorierten Säulen und Außenmauern im Stil des Brutalismus, die zwar zu ihrer Zeit sehr modern wirkten, aber nach dem Ende dieser Mode ihren menschen- und lebensverachtenden Charakter nackt in die Welt zeigen. Nicht anders werden übrigens in zehn bis zwanzig Jahren die heute modernen, nicht minder kalten und feinden Bauten wirken, mit denen Architekten im Auftrag einer besitzenden Minderheit den öffentlichen Blickraum zuklotzen.