Archive for Februar, 2007


Tagesrückblick

Jeder neuen Tag ist ein neuer Anfang. Und die meisten Abende müssen eingestehen, dass mit dem Tag nichts Neues angefangen wurde.

Spam-Gourmet

Damit mir das Lesen der Mail wieder Spaß macht, habe ich mich zur Teilnahme an einem neuen Blog-Projekt entschlossen: Der Spam-Gourmet genießt und verdaut die Ausflüsse der Werbung. Gestaltet wird dieses Blog von Frank und mir, es werden aber mittelfristig noch ein paar Leute mehr mitmachen.

Nachtrag: Mein Leser bio hat mich in einen Kommentar darauf hingewiesen, dass es bereits einen Spamgourmet im Internet gibt. Dort werden Wegwerf-Mailadressen angeboten, die in gewissen Situationen eine gute Maßnahme gegen die Überflutung des eigenen Mailkontos sein können.

Um Verwechslungen zu vermeiden, haben wir das Projekt eben in „Unser täglich Spam“ umbenannt.

Das ewige Wachstum

Zeitgenosse: Immerhin, wir haben in Deutschland Religionsfreiheit

Nachtwächter: Was meinst du damit, Bruder?

Zeitgenosse: Du wirst hier nicht gezwungen, den Glaubenssätzen einer bestimmten Religion zu folgen. Und wenn du irgendwelchen Glaubenssätzen einer Religion widersprichst, bleibt das für dich ohne schwere Folgen.

Nachtwächter: Das kommt ganz auf die Religion an. Für die „klassischen“ Religionen hast du recht, Bruder. Ich kann einfach den ganzen kindischen Glaubenssätzen des Christentums widersprechen, und finde sogar Zustimmung dafür.

Zeitgenosse: Und, welcher Religion darfst du in Deutschland nicht widersprechen?

Nachtwächter: Der modernen „Religion“ des ewigen, unbegrenzten Wachstums. Sie ist noch dümmer und kindischer als die alten esoterischen Systeme, die doch immer noch die Beschränkung menschlichen Schaffens und Könnens angenommen haben. Trotzdem wird die „Religion“ vom ewigen, unbegrenzten Wachstum an der Schule, an der Universität und in allen Medien als absolute Wahrheit gelehrt. Wer sich traut, diesem Aberglauben zu widersprechen, muss mit völliger Ausgrenzung und Vereinsamung leben. Wer sich sogar traut, diesem Schwachsinn bei einem Bewerbungsgespräch zu widersprechen, bleibt arbeitslos. Und zu guter Letzt kriegt man beim Widersprechen immer wieder zu hören, dass man durch seine „negative Haltung“ auch noch daran mitschuldig daran sei, dass es kein weiteres Wachstum mehr gäbe — dass man sozusagen eine Schuld gegen die ganze Gesellschaft auf sich lade, nur weil man angesichts des Aberglaubens immer noch denkt. Viele Anhänger dieser gottlosen, modernen „Religion“ sind gar nicht so weit von der Neigung zur Hexenverbrennung entfernt. Nein, eine „Religionsfreiheit“ gibt es in Deutschland nicht.

Über Religion

Ich versuche hier stets, jede Stellungnahme zu religiösen Themen zu vermeiden. Religion ist unter den menschlichen Tätigkeiten ein Pulverfass sondergleichen, auch die scheinbar harmloseste Einlassung kommt da schnell einem Stich in ein Wespennest gleich — und man sieht sich als Sprecher eines an sich harmlosen Wortes unversehens in der Situation, Deckung ob der vielen giftbewehrten Stachel suchen zu müssen.

Diese Zurückhaltung in religiösen Themen fällt mir umso leichter, da ich selbst keiner Religion anhänge, was aber keineswegs bedeutet, dass ich „ungläubig“ bin. Ich gehöre auch nicht der Religion des Materialismus und ihrem moderenen und viel fragwürdigeren Widerhall im Konsumismus an. Eben so wenig bin ich — wie so viele Denkende und Fühlende — zum erbosten Spiegelbild der menschlichen Tätigkeit der Religion geworden. Vielmehr sehe ich in diesen Haltungen oft das unwillkürlich Parareligiöse. Zu viele entschiedene Gegner der in der volkstümlichen und politisch nutzbar gemachten Religion kultivierten Dummheit haben in diesem Bestreben selbst religiöse Züge angenommen. Ich durfte vor einigen Jahren einmal eine lebende Karikatur dieser Haltung erleben, die sich auch gut in einem Witzfilm gemacht hätte: Ein durch und durch überzeugter Kommunist, übrigens ein sehr warmer und gebildeter Mensch, las seinen Marx in weihevoller Atmosphäre bei Kerzenschein und benutzte die Zitate eines beachtenswerten deutschen Philosophen gern in einer Weise, die überdeutlich an die Benutzung der „Heiligen Schrift“ durch bestimmte fundamentalistische Christen erinnerte.

Ich könnte mich also in aller Ruhe mit allen meinen Äußerungen von diesem ganzen überemotionalisierten und in der politschen Menschenbeeinflussung sehr „nützlichen“ Gebiet fern halten, ohne dass ich dabei persönliche Wahrhaftigkeit verlieren würde.

Allerdings ist unter verschiedenen meiner Kommentatoren in den letzten Wochen mehrfach meine Haltung zur Religion zum Thema geworden. So sehr ich das für einen Nebenweg oder für eine Sackgasse des argumentativen Rangelns zu halten geneigt bin, so sehr musste ich nach einigen Tagen des Nachdenkens anerkennen, dass die Frage nach meiner Haltung zur Religion berechtigt ist. Das liegt daran, dass ich sowohl in der Überschrift dieses Blogs als auch immer wieder einmal in den Beiträgen kurze Bibelzitate verwende. Anders, als mir im Zuge der verbalen Rauferei vorgeworfen wurde, sind diese Zitate übrigens immer ausdrücklich und mit genauer Quellenangabe zum Nachlesen im Kontext gekennzeichnet.

Und deshalb, nur deshalb, möchte ich die folgenden, nach der langen Einleitung recht einfachen und kurzen Klarstellungen machen:

  1. Ich bin kein Christ. Ich bin im Gegenteil davon überzeugt, dass jedes bewusste Wesen in voller Weise verantwortlich für das ist, was es tut oder lässt. (Das gilt für bewusste Wesen, keineswegs nur für Menschen.) Der Versuch, die Folgen seines Handelns dadurch loszuwerden, dass man sie einem einst „dafür gestorbenen“ Menschensohn aufbürdet, ist dumm und persönlich wirkungslos, aber dabei leider zwischenmenschlich und gesellschaftlich verheerend, weil sie die Verantwortungslosigkeit kultiviert und heiligt.
  2. Ich halte nichts von Religion. Jede alte und jede neue Religion ist der Versuch, ein Problem zu lösen, dass nur durch die Religion definiert wird und folglich ohne die menschliche Tätigkeit der Religion gar nicht vorhanden wäre. Das ist eine Verschwendung geistiger und psychischer Kraft, die übrigens jenem psychisch-mystischen Prozesse entgegenstrebt, der in vielen religiösen Ursprüngen als Forderung an jeden Menschen ergeht.
  3. Ich halte überhaupt nichts vor organisierter Religion. Zu nützlich sind diese verkrusteten Strukturen für die menschfeinden Spiele jener Gewaltfreunde, die jeder weisen Forderung der religiösen Tradition mit ihrem Tun jeden Tag neu voller Verachtung ins Gesicht spucken. Die organisierte Religion lässt sich mit derartiger Leichtigkeit vor dem Karren auch noch der perversten und lebensfeindlichsten Politik spannen, dass ein feinfühliger Gläubiger zu leicht sehen könnte, dass sie vom Satan selbst inspiriert sei.
  4. Ich finde den angstvollen Todeskult aller großen Religion überaus fragwürdig. Es ist doch beachtlich, wie viele religiöse Aussagen sich auf den Tod und auf Unwissenbares wie ein mögliches Leben nach dem Tod beziehen — und ebenso ist es beachtlich, wie leicht diese Aussagen instrumentalisiert werden können, um das Leben vor dem Tod in ein dürres Abbild dessen zu verwandeln, was den Menschen als Hölle vor Augen gestellt wird, um sie mit der davon erzeugten Angst gefügig zu machen. Die große Achtung des Todes geht immer mit ihrem Spiegelbild, einer eben so großen Ächtung des Lebens, einher.
  5. Ich halte nichts vom Geschwätz der Theologen. Der Versuch, einen als übernatürlich gedachten Gott mit einem Verstand zu erfassen, zu definieren und zu verstehen, dessen Kleinheit und Nichtsigkeit von den gleichen Theologen an anderer Stelle immer wieder betont wird, ist idiotisch. Die einzige „theologische“ Aussage, die ich selbst über Gott machen würde, ist kleiner und lautet: „Gott ist ziemlich groß“. Alles darüber zeigt durch seine überzogene Sprache, seine Wortgewalt und seine Menschferne vor allem, dass ihm jede wirkliche Erfahrung Gottes fehlt. Ein „Glaube“ ohne jede Erfahrung ist aber tot.
  6. Ich halte nichts von den so genannten und von den Gläubigen eingeforderten „Gewissheiten“ irgendeiner Religion. Diese stehen auch im grellen Gegensatz zum persönlichen, oft angstvollen und verzweifelten Ringen derjenigen Menschen, die nach Überlieferung vieler religiöser Schriften einst die Religionen hervorbrachten.
  7. Jesus aus Nazaret, der ans Kreuz geschlagene Götze der Christenheit, war ein humorvoller Richtigdenker, religiöser Revolutionär und unbeugsamer Menschenfreund, dessen überlieferte Worte mir sehr dabei geholfen haben, genau die hier beschriebene Einstellung zur Religion zu bekommen.
  8. Aus diesem Grund halte ich nichts davon, die Deutungshoheit für die Überlieferungen aus dem Leben des Jesus von Nazaret den christlichen Kirchen zu überlassen. Dies gilt umso mehr, als dass diese immer wieder bewiesen haben, wie geneigt sie sind, ein solches eingeräumtes Privileg in Zusammenarbeit mit den jeweiligen politischen Strukturen gegen die Menschen zu wenden.
  9. Wenn ich mitbekomme, dass die vielen Religionen inhärente Verherrlichung des Todes und Missachtung des Lebens dazu benutzt werden, politisch nützliche Taten der Gewalt und des Großmördertums als „heilige Tat“ von den Menschen einzufordern, weiß ich, dass dreißig Silberlinge (siehe Mt. 26, 14-15) immer noch gern gezahlt und gern genommen werden. Es sind Christen, die Jesus aus Nazaret auch heute jeden Tag an den Galgen hängen. Sie zeigen damit, dass sie sein Leben verachten und seinen Tod gut und nützlich finden. Kein Wunder, dass das Abbild eines römischen Galgens zum Symbol ihrer Religion wurde.
  10. Wer jetzt immer noch einen „Glaubenssatz“ von mir erwartet, zeigt damit nur, dass er die vorherigen Punkte nicht gelesen hat.

Ich hoffe, dass ich damit gleichermaßen Fragen beantwortet und neue aufgeworfen habe.

Halbheit und Ganzheit

Jede halbe Wahrheit ist eine ganze Lüge .

Ich will ja nicht pedantisch sein…

…, das sind die Worte, mit denen viele Pedanten ihre kleinkarierten Ausführungen einleiten. Zum Beispiel ich, wenn ich mich angesichts dieses Wörterbuches von Langenscheidt frage, ob ein solcher Gebrauch der deutschen Sprache auf dem Einband wohl eine gute Reklame ist, wenn man Hilfsmittel zum Sprachenlernen anbietet:

Langenscheidt Power Wörterbuch Französisch

Hier wird von den Werbern der Firma Langenscheidt nicht nur das Deutsche und das Englische zum ungenießbaren DenglischBrei „Power Wörterbuch“ zusammengerührt, darüber hinaus wird der Leser auch durch ein fröhliches durch die Leere lächelndes Deppenleerzeichen auf die „besondere Sprachkompetenz“ der Macher eines solchen Produktes hingewiesen. 😀

Bevor ich jetzt falsch verstanden werde: Das Wörterbuch ist wirklich gut und für seinen Zweck sehr nützlich. Aber über seine Benennung und über die Gestaltung des Einbandes sollte man bei Langenscheidt doch noch einmal in aller Ruhe nachdenken.

Meint jedenfalls der sonst gar nicht so pedantische

Nachtwächter

Vermehrung

Sicher, dass Wissen wird nicht weniger dadurch, dass Menschen es miteinander teilen und einander mitteilen — es wird sogar mehr. Aber das gilt auch für die Dummheit.

Gas geben

Es ist schon schlimm genug, dass rohere Zeitgenossen einen langsamen Menschen manchmal anschnauzen, es solle doch Gas geben. Diese dem Auto entlehnte Maschinenmetapher ist in gewisser Weise noch schlimmer als die bei Populisten so beliebten Ungeziefermetaphern, erkennen diese doch wenigstens noch an, dass der verunglimpfte Andere immer noch ein Lebender sei.

Wie ich heute sehen durfte, schreckt auch die Werbung für einen klebrigen Schokoriegel nicht mehr vor der modernen Sprache des Unmenschentums zurück:

Werbung für einen Schokoriegel: Nimm Mars, gib Gas!

Bleibt nur zu hoffen, dass der Junkfood nicht nach Benzin schmeckt. :mrgreen:

Qualifikation

Was sagt ein arbeitsloser Philosoph zu einem Philosophen, der eine Arbeit gefunden hat?

„Einmal Currywurst rot-weiß und ’n Bier bitte!“

WordPress-Plugin: Jamendo Embedder

Ich habe mir den „Spaß“ gemacht, ein kleines Plugin für WordPress zu schreiben, das vielleicht auch für den einen oder anderen Musiker nützlich ist, der seine Musik auf Jamendo veröffentlicht. Deshalb steht es hier trotz seines sehr frühen Entwicklungsstadiums zum freien Download zur Verfügung. Das Plugin bedient die EnMusicApi und ermöglicht es, auf einfache Weise eine automatisch aktualisierte Liste der veröffentlichen Alben eines Künstlers im Blog darzustellen.

Für den Musiker hat das den Vorteil, dass er sein Album ganz normal bei Jamendo veröffentlicht und es automatisch im Blog erscheint. Auf meiner Jamendo-Seite in diesem Blog kann man sich anschauen, wie das aussehen kann. Die Größe der Alben-Covers ist konfigurierbar, das erfordert allerdings eine kleine Änderung im (englisch kommentierten) Quelltext. Das Plugin befindet sich in einer sehr frühen Phase seiner Entwicklung, ich habe mal gerade zwei unkonzentrierte Stunden daran programmiert, es kann aber in dieser Form schon nützlich sein. Ich werde es bei Gelegenheit weiter entwickeln, da eine erweiterte Funktionalität für die besonderen Ansprüche von Toxic Apple Radio benötigt wird.

In der gegenwärtigen Version gibt es zwei mögliche Darstellungen. In beiden Fällen muss ein spezieller HTML-Kommentar in das Posting eingefügt werden, dies macht man mit WordPress in der Code-Ansicht. Das ist keine besonders komfortable Vorgehensweise, aber sie funktioniert gut und hat mich von der Last befreit, mir etwas „cooles“ ausdenken zu müssen.

Um alle Alben eines bestimmten Künstlers anzuzeigen, muss der Jamendo-Name des Künstlers in folgender Weise in der Code-Ansicht eingefügt werden:

<!-- JamArtist: elias.schwerdtfeger -->

Um ein einzelnes Album einzubetten, sieht der HTML-Kommentar folgendermaßen aus:

<!-- JamAlbumID: 2781 -->

Die angegebene Zahl ist die Jamendo-ID des Albums, die auch in der Internet-Adresse sichtbar ist, wenn die Seite des Albums angezeigt wird. Dieses spezielle Beispiel wird folgendermaßen dargestellt:

Download: WordPress-Plugin: Jamendo Embedder 0.1

Das Plugin installiert sich wie gewöhnlich. Entpacken, in das Plugins-Verzeichnis hochladen und in WordPress aktivieren. Natürlich kommt es ohne jede Garantie daher.

Apotheke

Eine Apotheke ist ein Spiegelbild der Krankheiten der Menschen. Das eigentliche Geschäft der Apotheke ist der Handel mit pharmazeutischen Produkten, die Krankheiten heilen oder doch wenigstens ihre leidigen Symptome lindern sollen. Dass solche Mittel in einem spezialisierten Fachhandel erworben werden müssen, richtet sich gegen die verantwortungslose Quacksalberei; gegen das zu leichte Geschäft mit der medizinischen Unwissenheit der Mehrzahl der Menschen.

Doch genau diese Quacksalberei hat sich wieder in die Apotheken eingeschlichen, und sie scheint ein gutes Geschäft zu sein. Wenn man eine Apotheke der heutigen Zeit betritt, wird man geradezu erschlagen von der überall aufgestellten und sehr aufdringlichen Reklame für pharmazeutisch fragwürdige, unwirksame oder gar unter Umständen gefährliche Produkte. (Das soll nicht heißen, dass diese nicht eine Wirkung durch den Placebo-Effekt haben könnten.) In der Werbung der Institution Apotheke wird so häufig die Fähigkeit zur kompetenten Beratung der Kunden dar- und herausgestellt, doch im Inneren einer Apotheke bemerkt der Wache schnell, das gut beratene und aufgeklärte Kunden schlecht für das Geschäft der Apotheke wären. Welcher Geschäftsmann wird schon die Grundlagen seines Geschäftes gefährden?

Wie gut sich dieser trübe Eindruck doch verfestigen kann, wenn man eine „Apotheken Umschau“ mitnimmt und aufmerksam liest!

Ein chinesischer Fluch lautet: „Mögest Du in interessanten Zeiten leben!“