Archive for April, 2013


NSU-Prozess

Nachdem jetzt ein paar Medien der Contentindustrie ihren Wunschplatz im Gerichtssaal haben, könnte man jetzt endlich mal darüber reden, dass eine Mörderbande in der BRD jahrelang Menschen umgebracht hat und dass sich von Seiten der Polizeien und Inlandsgeheimdienste nicht gerade ein zielstrebiger Wille zur Aufklärung dieser Verbrechen und zur Verhinderung weiterer Verbrechen zeigte, sondern ganz im Gegenteil der Ruch von Komplizenschaft und der Versuch, nachträglich Beweismaterial zu vernichten.

(Stinkendes Journalistenpack! Widerwärtige Schreiber der Milliardärspresse! Da sage mir noch mal jemand, Blogger seien selbstreferenziell!)

Pausenhof

Pausenhof der Bismarckschule in Hannover

Kaum etwas macht die Kälte und Tristesse der staatlichen Schule so deutlich und fühlbar wie der Anblick der Orte, die eigens dafür vorgesehen sind, dass sich die Schüler dort von der Kälte und Tristesse einer Beschulungseinheit erholen sollen.

Die neue Straßenverkehrsordnung

Der Vorübergehende sagte zu seiner Zeitgenossin auf dem Fahrrad: „Stell dir nur vor, in Sachen Straßenverkehr würden die gleichen politischen Prinzipien angewendet wie in der Wirtschaftspolitik. Stell dir nur vor, der Staat würde sich aus dem Treiben der Straße heraushalten, würde davon ausgehen, dass der möglichst weitgehend unreglementierte Egoismus jedes Verkehrsteilnehmers sich nur frei entfalten muss, damit eine ‚unsichtbare Hand‘ für alle den bestmöglichen Verkehr hervorbringt. In der Folge dieser Idee würde nach und nach jede Verkehrsregel abgeschafft, um die freie Entfaltung des Straßenverkehrs nicht zu behindern. Ausnahmen von der immer weiter vorangetriebenen Deregulierung machte der Staat nur, wenn einmal ein besonders PS-starker Verkehrsteilnehmer einen schweren Unfall baute, um die Folgen für ihn abzumildern; ansonsten wäre jeder auf sich gestellt. Da säßest du aber nicht mehr so gern auf deinem Fahrrad“.

Schade eigentlich…

Schade eigentlich, dass es im Rechtssystem der BRD eine strafbefreiende Selbstanzeige nur im Steuerrecht gibt…

Dreifach hält besser

Drei nebeneinander hängende Verbotsschilder. Privatgrundstück, unberechtigt parkende Fahrzeuge werden kostenpflichtig abgeschleppt; Parken verboten; widerrechtlich abgestellte Fahrzeuge werden kostenpflichtig abgeschleppt

Realdadaistische Verbotsschildphalanx für alle, denen ein deutlicher Hinweis nicht ausreicht. Gesehen am Landesarbeitsgericht Niedersachsen in Hannover.

Lass sie reden!

Die intelligente Methode, Menschen passiv und fügsam zu halten, ist es, enge Grenzen für die zulässigen Ansichten zu setzen, aber innerhalb dieses Spektrums eine wahrlich lebhafte Auseinandersetzung zu gestatten. Dies gibt den Menschen das Gefühl, dass es freies Denken sei, was darin geschehe, während die ganze Zeit lang die Voraussetzungen des Systems bekräftigt werden durch jene Grenzen, die dem Umfang der Auseinandersetzung gesetzt wurden.

Noam Chomsky, The Common Good, Odonian Press, 1998, Seite 43

#Drosselkom? Drossel, komm!

Piktogramm einer Schnecke mit Telekom-LogoIch ertappe mich dabei, dass mir eine gewisse Heiterkeit aufkommt, wenn ich mir vorstelle, dass die Deutsche Telekom in Kürze unter einem lächerlich großen Aufgebot verlogener und bewusst irreführender Reklame ihre verkappten Volumenverträge als Flatrate* verkaufen wird.

Ich ertappe mich dabei, dass ich mich darüber freue, dass für die Kunden eines großen Zugangsproviders in der Bundesrepublik Deutschland der Aufruf einer „qualitätsjournalistischen“ Verlagswebseite zum Luxus wird, von dem viele nach ihrer ersten halbmonatigen Schneckentempo-Erfahrung Abstand nehmen werden. Wenn ich jetzt die Startseite der Süddeutsche (punkt) de aufrufe, werden in 61.767 Bytes HTML-Markup 126 Dateien mit einer Gesamtgröße von 1.378.157 Bytes eingebettet, so dass es für die Darstellung der Schlagzeilen und Anrisse eines einzigen „qualitätsjournalistischen“ Produktes zur Übertragung von 1,37 MiB Daten kommt. Darin sind die bei mir vollständig blockierte Werbung und die ebenso vollständig blockierten JavaScript-Wüsten der angebundenen Facebook-, Twitter- und Fragmichnichtwelche-Sozialvermarkter noch gar nicht mitgerechnet. Ein Aufruf meiner personalisierten Google News (personalisiert, weil ich auf Sport und Boulevard lieber verzichte und stattdessen Forschung und Technik bevorzuge) überträgt hingegen nur 417 KiB Daten und gewährt mir einen brauchbaren Überblick über die Schlagzeilen der gesamten deutschsprachigen Presse, bis hin zu in einzelnen Themen interessanten Regionalblättern. Ich probiere das nicht mit jeder größeren Seite aus, aber ich schätze, dass das im Folgenden weiter belegte Missverhältnis bei allen nennenswerten Angeboten vergleichbar ist. Die Startseite von Spiegel Online überträgt 786 KiB, die Startseite der Frankfurter Allgemeinen überträgt 1,29 MiB, die Startseite der tageszeitung überträgt völlig unsozialistische 1,43 MiB und die Startseite von Zeit Online überträgt 605,3 KiB — alle diese Werte habe ich gestern mit blockierter Werbung, aber aktiviertem JavaScript ermittelt. Wer die von Google sehr brauchbar und gut personalisierbar aufbereitete „Pressevielfalt“ gegenüber der redaktionellen Einfalt dieser hier kurz erwähnten Verlagswebsites bevorzugt, erhält sich damit also auch ein längeres Vergnügen mit ungedrosseltem Internet. Dass ich als Nutzer und Mitgestalter des deutschsprachigen Internet in meiner Gegnerschaft zum so genannten „Leistungsschutzrecht“ ausgerechnet von der Deutschen Telekom eine gewisse indirekte Unterstützung in meiner Gegnerschaft erhalten würde, die in der Form gegeben wird, dass die Profiteure dieses Rechts indirekt abgestraft werden, hätte ich mir niemals träumen lassen.

Ich ertappe mich dabei, dass ich mich darüber freue, dass sich schon nach kurzer Zeit der technikverhindernden, künstlichen Traffic-Knappheit beinahe jeder davon betroffene Mensch fragen wird, ob er sein Datenkontingent wirklich von im Regelfall unerwünschter Werbung auffressen lassen will. Ich freue mich darüber, dass die Verwendung wirksamer Werbeblocker in der BRD zum Regelfall werden könnte und das zurzeit leider immer noch mögliche Geschäft mit Reklame im Internet in der Folge noch unattraktiver, vielleicht sogar unwirtschaftlich wird. Mich freut einfach alles, was Werbern, die nichts weiter als peststinkende professionelle Lügner und Psychomanipulateure sind, schadet. Vergleichbare Gedanken werden von vielen Menschen auch für unnötige Plugin-Inhalte gedacht werden, und auch die Eigenart „moderner“ Websites, Aktualität und Dynamik durch ständiges Nachladen von Inhalten über JavaScript zu simulieren, wird viele Menschen zur Frage reizen, ob man so etwas nicht besser unterbindet. In einem Umfeld, in dem übertragene Datenmengen künstlich „verteuert“ werden, wird schnell ein Großteil dessen, was das Web mies macht, zu einem Nachteil.

Ich ertappe mich dabei, dass ich breit grinse, wenn ich auf dem Hintergrund von Bandbreitenlimits und Schneckentempo-Internetzugängen nur an das Wort cloud denke. Dieser feuchte Traum der Allesvermarkter, der Computernutzung eine weitere künstliche Abhängigkeit mit der Möglichkeit späteren Geldabgriffs hinzuzufügen, dürfte sich für einen bedeutenden Anteil der Internetnutzer in der BRD erledigen. Mir als jemanden, der wirklich an häufig wechselnden Rechnern arbeitet, hat der besondere Vorzug der so genannten cloud noch nie so recht eingeleuchtet; der Transport einer Speicherkarte mit 8 GiB Kapazität hat mich nicht besonders belastet. Der gegenwärtige Unsinn von „im Browser laufenden Anwendungen“ setzt ebenfalls voraus, dass aufgeblähte HTML-JavaScript-Strokeleien einen Datenverkehr im Internet verursachen, der in keinem guten Verhältnis zur Größe der damit bearbeiteten Dokumente steht.

Und. Ich ertappe mich dabei, wie ich die Mundwinkel nicht mehr nach unten bekomme, wenn ich daran denke, was das für die Akzeptanz von Sicherheitsupgrades des benutzten Betriebssystems und der sonstigen benutzten Software bedeuten wird. Im Falle von Oracles Java-Adware (der man unter Microsoft Windows bei jedem verdammten Update explizit mit einem Klick sagen muss, dass man die Ask-Toolbar nicht in seinem Browser haben will) wird vielleicht der eine oder andere feststellen, dass er gar kein Java braucht und sich die Downloads der zurzeit recht häufigen Flickschustereien Oracles sparen kann — wenn nur er erstmal versteht, dass dieses Java etwas anderes ist als das JavaScript, das im Browser ausgeführt wird. Das Verständnis kommt mit dem Leiden und der davon angestoßenen Kommunikation. Die Erfahrung eines unbenutzbaren Internet wird bei diesem Verständnis sehr helfen. Dass andere voluminöse Sicherheitsupdates ebenfalls unterlassen werden, dass also fortan in der BRD die Bots bei denjenigen Menschen konzentriert sind, die Kunden der Deutschen Telekom sind, ist ebenfalls eine große Erleichterung für jeden, der um Sicherheit in der Datenverarbeitung bemüht ist. Einfach die IP-Bereiche der Deutschen Telekom sperren, und schon ist viel gewonnen…

Außerdem ist das neue Flachraten-Modell der Deutschen Telekom ein hervorragendes weiteres Beispiel für die ganz besondere Herzlichkeit fast aller Menschen und Institutionen in der BRD gegenüber Familien mit Kindern. Ein aus dem CDU-Bilderbuch gehüpfter Haushalt, der aus Mann, Frau, und zwei Kindern im schulpflichten Alter besteht, bedeutet in der Praxis, dass sich vier Computer mit ihrem Bedarf in die Datenleitung drängeln — und bei den Schulkindern dürfte die Nutzung besonders stark sein. Gut, dass der Alleinstehende solche Probleme nicht hat, da bleibt mehr Datenkontingent für ein bisschen Spielen (beim modernen Gaming-Geschäft ist das ja nicht mehr ohne permanenten Netzverkehr möglich) und etwas Entspannung übrig. Das ehemalige Staatsunternehmen Deutsche Telekom steht damit in einer großen Kontinuität der gesamten BRD-Politik: Von Innovation faseln, aber Technik verhindern; von Familie faseln, aber Bedingungen schaffen, in denen ein verwirklichter Kinderwunsch wie eine Strafe ist.

Von daher ist auch von der Politik nichts gegen die Drossel-Ideen der Deutschen Telekom zu erwarten. Und wenn die Kunden der Deutschen Telekom so blöd sind, dass sie nach so einer Ansage nur eine Stunde länger Kunden der Deutschen Telekom bleiben, als dies unbedingt nötig ist, wenn sie nicht jetzt ihre Kündigung nach dem Ende des laufenden Vertrages aussprechen, dann werden andere Zugangsprovider nachziehen. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

Morgen im gleichen Theater auf allen Kanälen: Der Fachkräftemangel und die Forderung nach Innovation. Danach die Superhitparade des volkstümelnden Schlagers. In der Lederhose wird gejodelt, und im Oberstübchen geht das Licht aus. Gute Nacht!

*Flatrate… mit schwer lesbaren Einschränkungen, hellgrau auf magenta gedruckt, in denen Besitzer eines Vergrößerungsglases nachlesen könnten, dass die Datenübertragungsrate nach Ausschöpfung eines gewissen Übertragungsvolumens auf eine Geschwindigkeit gedrosselt wird, die im Bereich der erzielbaren Übertragungsrate eines analogen 56k-Modems liegt.

Frommes Scheitern

Der Vorrübergehende sagte zu seinem christlichen Zeitgenossen: „Aber wenn du gar nicht sündigst, ist dein Jesus ja für Nichts gestorben“.

Probleme

Probleme lassen sich nicht mit der gleichen Denkweise lösen, durch welche diese Probleme erst entstanden sind; sie erfordern ein anderes Herangehen, sollen sie sich nicht beim Versuch ihrer Lösung immer wieder von Neuem hervorbringen.

Im Schaufenster

Selbstbildnis: Ich reflektiere mich in einem Schaufenster, dessen Werbung ein Kosmetikprodukt feilbietet

Der heutige Narziss hat sich mit seiner gesamten irrsinnigen Kraft in seine Reflexionen in Schaufenstern und in der Reklame verliebt — ein Trugbild, nicht gemacht vom Spiel des Lichtes, sondern hervorgebrochen aus der im Profit wissend gewordenen Dunkelheit des Krämertums, so viel schmeichelhafter als der Widerschein auf Wassers wankelmütiger Fläche.

Frühlingswischer

Wie viele Singles an einem schönen Sonntagnachmittag im Frühling draußen sein können, und doch niemals einander begegnen, weil sie allesamt unentwegt ihre Telefone streicheln und auf kleine Leuchtflächen schauen, immerfort darauf hoffend, dass die nächste triviale Stummeltextnachricht zum Quell frischen Entzückens wird.

Die armen Reichen

Als der Vorübergehende mit seinem Zeitgenossen in Kirchrode durch die blickhoch weiß getüncht ummauerten Wohnquader der Neureichen mit ihren darin eingesperrten, hochneurotischen Beißzweckhunden wandelte, und als sein Zeitgenosse damit anfing, seinen klebrigen psychischen Wunsch nach einer glaubhaften Illusion der Gerechtigkeit in die traumwandelnde Aussage zu transformieren, dass Besitz ja auch nicht glücklich mache, sagte der Vorübergehende nur: „Ja ja, die armen Reichen, sie haben so schrecklich viel zu leiden; der goldne Löffel im Munde, er ist ja manches Mal so kalt“.