Wenn eine Fernsehreporterin von RTL von einem mit dem Handy filmenden Anwohner dabei erwischt wird, wie sie sich kurz vor ihrem erschütternden Bericht aus den Hochwassergebieten vor einem Trümmerhaufen mit etwas Schlamm schminkt, um anschließend zusammen mit ihrer durchaus gut gespielten Emotionalität den Eindruck aktiver Teilhabe und Hilfe vor Ort zu erwecken, gibt es daran nur eines, was schlimm ist: Die dabei sichtbar werdende, banale Selbstverständlichkeit, mit der diese vorsätzliche Fake-News-Produktion, dieser obszöne Betroffenheitsporno, vom dabei anwesenden RTL-Kamerateam hingenommen wurde.
Da ist niemand eingeschritten und hat gesagt, dass das so nicht ginge, dass das kein Journalismus und keine Nachrichtenpräsentation, sondern Show und emotional-psychische Manipulation sei, und zwar auf dem Rücken von Menschen, die gerade in einer fürchterlichen Katastrophe alles verloren haben, wofür sie gelebt und gebuckelt haben. Alle Beteiligten wirkten überaus entspannt. Alles war Routine. Einer schaute noch auf sein Handy. Es lief alles wie geplant, wie abgesprochen, wie üblich. Und es ist auch nicht für mich oder auch selbst nicht für Susanna Ohlen schlimm, sondern nur für RTL, denn es legt die eingeschliffenen, vermutlich in der gesamten mentalen Käfighaltung des Senders alltäglichen Machenschaften offen, mit denen die bewegten und bewegenden Bilder generiert werden, um die Zuschauer auch über den folgenden Werbeblock hinweg bei der Stange zu halten; den Werbeblock, der das Geschäft und damit das eigentliche Programm dieser Sendeanstalt ist.
Im erlogenen, aber sichtbaren Dreck, den diese „Reporterin“ als Herzschablone und Engagementkitsch auf sich verteilt, um ihrem folgendem Geschwall flugs etwas mehr „Authentizität“ zu verleihen, spiegelt sich der wahrhaftige und wahnhaftige, wenn auch meist unsichtbare Dreck der gesamten Contentindustrie: Der Arbeitsdreck der journalistischen Produktion. Die Frage, warum es so leicht möglich ist, dass erwachsene, wahlberechtigte Menschen in einer beeindruckend großen Breite so genannte Fake News mit den „qualitätsjournalistisch“ übermittelten Nachrichten verwechseln, beantwortet sich nach einem kurzen Blick auf diesen Spiegel: Da ist kein Unterschied mehr, bestenfalls noch ein gewohnheitsmäßiger Glaube an altbewährte Marken. Dieser zumindest, dieser konnte bei RTL nicht weiter beschädigt werden.
Claas Relotius ist überall. Und er sagt dir und mir und uns aus diesem Überall: Nach meinen Nachrichtungen sollst du dich richten und andere richten. Das ist der gegenwärtige Journalismus, der offene Feind derer, die ihn doch finanzieren sollen.
Grüße an Andreas.