Tag Archive: Bitteres
Zu seiner Zeitgenossin sagte der Vorübergehende mit leiser, fast erstickter Stimme: „Eine Welt habt ihr geschaffen, in der man anfängt, die Steine dafür zu beneiden, dass sie keine Empathie in sich fühlen können“.
Held zu sein ist kein Lebensstil, sondern eine Todesart.
Über eine nicht anwesende dritte Person sagte der Vorübergehende zu seinem Zeitgenossen: „Sie zieht so häufig um, weil sie immer wieder den Fehler macht, sich selbst und ihr ganzes Leben beim Umzug in die neue Wohnung mitzunehmen“.
Welchen Unterschied sollte es aus der Sicht der Verdummten, Entwurzelten, Entelterten, Weggeworfenen, Verarmten, Obdachlosen, Verachteten und Vergessenen machen, ob die irrwitzige Zerstörung der gesamten Zivilisation im Namen irgendeines Totalitarismus oder im Namen der Märkte und der sich selbst als „Demokratie“ verherrlichenden Parteienoligarchie durchgezogen wird? Und jene, für die es keinen Unterschied macht, werden jeden Tag mehr.
„Wenn du immer wieder den gleichen Albtraum hast“, sagte der Vorübergehende zu seinem Zeitgenossen, „könnte es daran liegen, dass du in Wirklichkeit wach bist“.
„Wenn man sich von anderen Menschen nicht mehr respektlos bis beleidigend behandeln lassen will“, sagte der Vorübergehende lächelnd zu seinem Zeitgenossen, „dann fangen die Leute schon nach kurzer Zeit damit an, einen als ’schwierig‘ zu bezeichnen“.
„Als ich noch jung war“, sagte der Vorübergehende ruhig zum Erbosten, „hat man die Faschisten und Bürger mit gefestigtem rechtsextremen Weltbild noch vortrefflich daran erkennen können, dass sie jeden Pazifismus als Kollaboration mit dem Feind verunglimpft haben. Diese Haltung ist inzwischen zur Mitte der Gesellschaft geworden und strahlt höchst wirkmächtig in die ehemalige Pazifismus-Partei ‚Die Grünen‘ hinein, und es hat dazu nur der Verarmung und der ständigen Emotionalisierung durch Journalisten bedurft“.
Wenn die Erde einen Eingang hätte, könnte man über dem Tor ein Schild zur Information der Besucher anbringen: Die Jahrzehnte vergehen, die Zustände bleiben, die Menschen beschäftigen sich unterdessen mit Banalitäten und ihrem eigenen Größenwahn.
Der Vorübergehende sagte zur schwangeren Zeitgenossin: „Nenn dein Kind bitte ‚Karstadt RWE Deutsche Bank‘, damit es vom Staat BRD auch immer schön geschützt, gefördert, gefüttert und gehört wird, statt nur mit den Lippenbekenntnissen im Wahlkampf psychisch ausgebeutet zu werden“.
Angesichts eines Arztes, der eine kranke, kraftlose und unter Schmerzen leidende, sich mit letzter Energie zum Arzt schleppende, über achtzigjährige Frau an der Praxistür abwies, weil er gerade nicht tätig werden könne, weil es ein Problem „mit dem Server“ gäbe, sagte der Vorübergehende äußerst unhöflich: „Dann kümmern sie sich mal schön um den Server, der scheint es ja zu brauchen“, was beim medizinischen Technokraten aus der Gesundheitshölle schon mehr als nur eine Spur von Wutanfall provozierte. Beim Weggehen sagte er noch zu der Frau: „Dieser Arzt wäre auch im Dritten Reich etwas geworden, nicht so ein Mengele, denn dafür fehlt ihm das Format, aber so ein kleineres, gut von den Zuständen lebendes Ärztchen im Dienste der Volkshygiene“. Und er setzte fort, etwas trauriger: „Die Zustände, die du erlebst, sind die Zustände, die deine Generation geschaffen hat“.
„Wenn die Menschen es schließlich schaffen, an ihrer Dummheit auszusterben“, sagte der Vorübergehende zu seinem Bruder im Staub, „dann hatten sie niemals etwas Besseres verdient. Nach uns die Kakerlaken!“