Es ist immer wieder erstaunlich, wie reich in der Echokammer der deutschsprachigen Internet solche großen „gesellschaftlichen“ und „politischen“ Forderungen wiedergegeben werden, dass jeder Mensch hier als Quasi-Menschenrecht einen Breitband-Zugang zum Internet benötigt und dass ein solcher Zugang zum Internet schon allerlei gesellschaftliche Probleme lösen wird. Ich saß gerade bei einer 73jährigen Frau, die mit ihrer (übrigens schon überdurchschnittlichen) Rente kaum noch über die Runden kommt, nur noch mit gewisser Mühe ihre Miete bezahlen kann, schon in einem für sie selbst nicht mehr erträglichen Maße verschuldet ist, sich große Sorgen darüber macht, dass sie auf ihre alten Tage wohl noch einmal einen Umzug wuppen muss, zurzeit nur noch bei „Discountern“ einkaufen kann und mit großer Bitterkeit darauf zurückschaut, dass ihr von einem Leben voller Arbeit nichts bleibt als ein Leben voller Krankheiten, die zu einem Gutteil auf die Arbeitsbedingungen zurückgehen, unter denen sie ein Leben lang gearbeitet hat — und die bei alledem mehr als nur unterschwellig davon spricht, dass sie auf einen schnellen Tod hofft. Wenn ich mir das alles anhöre, den bitteren Geschmack vieler Worte noch stundenlang im Munde behalte, denn weiß ich wirklich nicht, wie ich diesem Menschen gegenüber die „Erlösung durch das breitbandige Internet“ vertreten soll, ohne mich dabei zu schämen. Diese seltsamen Großkopferten im deutschsprachigen Internet, die solche messianischen Hoffnungen auf eine bloße Technik setzen und sich über die gewaltigen Klickzahlen freuen, wenn sie solche messianischen Hoffnungen auf ihren Websites publizieren, sie scheinen sich niemals mit anderen Menschen außerhalb ihrer recht engen Kreise zu unterhalten — oder, wenn sie es einmal nicht vermeiden können, ihre Ohren angesichts des hörbar beschädigten Lebens auf Durchzug zu schalten. „Breitband-Internet für alle“ ist ja eine durchaus bedenkenswerte Forderung, aber angesichts dessen, was der gegenwärtig über die Gesellschaft ablaufende Prozess an Menschen hinter sich zurücklässt, sollten politische Forderungen für ein erträgliches und dem Menschsein angemessenes Leben doch ein bisschen breitbandiger sein.