Das am ersten August zu geltendem Recht werdende, so genannte „Leistungsschutzrecht für Presseverleger“ geht gegen mich, dich und gegen jeden, der das Internet auf die eine oder andere Weise mitgestaltet. Es erzeugt eine erhebliche neue Rechtsunsicherheit bei der Teilhabe an der gegenwärtigen Kultur des Internet — und diese soziale Tätigkeit ist in der Bundesrepublik schon mit vielen Fallen und Unsicherheiten belastet, die einen normalverdienenden Menschen an den Rand der eigenen Existenz bringen können. Es ist ein absurdes Standesrecht, das das frühere Oligopol an Produktionsmitteln für Presseerzeugnisse (und damit an der Macht, die Meinung der Besitzer dieser Produktionsmittel in einer riesigen Echokammer unter dem Banner der „freien Presse“ zu verstärken und in jedes Bewusstsein hineinzustempeln) unter den Bedingungen des Internet als alltäglicher Erfahrung aufrechterhalten soll. Das „Leistungsschutzrecht“ ermöglicht Juratrollerei und Einschüchterung gegen jeden und gegen alles, was irgendwie aus dem Internet gekegelt werden soll. Die künftigen Inhaber dieses „Rechts“ — denen das gewöhnliche Urheberrecht offenbar deshalb nicht reicht, weil sie sehr genau wissen, dass ihren professionell erstellten Einwegprodukten im Regelfall jegliche für ein Werk im Sinne des Urheberrechts erforderliche Schöpfungshöhe fehlt — können damit gutsherrschaftliche Willkür gegen Akte offener Kommunikation ausüben. Und sie werden das tun, ganz sicher werden sie das tun.

Gegen mich. Gegen dich. Gegen jeden, der am Internet teilhat.

Die Schere im Kopf wächst von allein. Sie braucht dazu nur ein paar Jährchen Zeit und ein paar schlimme Meldungen. Angst, Verunsicherung und Zweifel bei normalem Tun wirken. Niemand weiß das so genau wie dieses Geschmeiß aus der Verlegerbrut, denn dieses Wissen und seine Anwendung ist das Geschäft dieses Geschmeißes.

Ich habe vor einigen Monaten einer über 70jährigen Frau einen Computer aufgesetzt und ihr eine flotte Einführung in das Internet gegeben (vor allem in der Nutzung von Mail und Web). Schon nach kurzer Zeit haben wir einen Browser heruntergeladen. Sie sagte dabei: „Ein Download? Ist das nicht illegal?“ — ihre informationelle Welt bestand zuvor nur aus der täglichen Gehirnwäsche der Glotze und der Journaille.

So wirken Angst, Verunsicherung und Zweifel, wenn sie immer wieder gestreut werden. Sie ersetzen Wissen durch Unsicherheit, und schließlich Unsicherheit durch lähmende Angst. Propaganda funktioniert, wenn sie mit Einschüchterung verbunden ist. Irgendwann werden Menschen sich fragen, ob ein Blog oder der Betrieb eines eigenen Webforums nicht etwas Illegales sei, man hat ja so viel Schlimmes gehört, nachdem die neu gebackenen Privilegierten des „Leistungsschutzrechtes“ gegen ein paar Einzelne vorgegangen sind. Das ist das Ziel der Verlegerbrut, nicht ein paar Groschen von Google.

Der classe politique scheint diese Vorstellung ja auch zu behagen… eine Sich-Arrangieren mit ein paar Handvoll Milliardären ist technisch wesentlich einfach zu bewerkstelligen als eine ernsthafte politische Kommunikation gegenüber den vielen Menschen, die man angeblich vertritt.