Kein Vormarsch ist so schwer wie der zurück zur Vernunft.
Bertold Brecht
Das Problem bei der plumpen genetischen Betrachtung der menschlichen Intelligenz ists, dass es sich bei der menschlichen Denkfähigkeit (und nicht nur bei dieser) um eine komplexe, systemische Erscheinung handelt, die weder in ihrem Wesen noch in ihrer Beschaffenheit vollständig verstanden ist — das Denken trifft doch auf Schwierigkeiten, wenn es selbstbezüglich über das Denken nachzudenken trachtet. Gewiss wird es einen gewissen Anteil genetisch erworbener Fertigkeit im Denken geben, doch schon der Versuch einer Messung dieses Anteiles ist diee Idee, einen nummerischen Maßstab für eine eher intuitiv erfasste Größe zu finden, oder genauer, diesen zu erfinden. Der so genannte „Intelligenzquotient“ ist recht grob und misst vor allem funktionale Subsysteme der Intelligenzleistung, und diese Messung orientiert sich daran, wie gut ein Mensch in einem technokratisch-industriellen Produktionsprozesse verwendbar ist. (Die Rolle der ebenfalls kaum zu fassenden Kreativität bei der Entwicklung oder Abwandlung von Strategien zur Lösung neuer Probleme kommt in diesem von Militärs erfundenen Verfahren gar nicht vor.) Nicht nur, dass sich einige Anforderungen derartiger „Intelligenztests“ leicht durch ein Computerprogramm bewältigen lassen — etwa die Ergänzung von Zahlenreihen durch das Verfahren der finiten Differenzen — und dass wohl niemand bezweifelt, dass ein Computerprogramm nicht als intelligent betrachtet werden kann; auch werden schon bei diesen scheinbar objektiven Verfahren Leistungen gemessen, die bereits eine deutliche sozial erworbene Komponente haben. Bei einer Untersuchung einer größeren Gruppe Menschen wird sich wohl schnell herausstellen, dass Kinder schlecht bewerteter Eltern ebenfalls schlechte Ergebnisse erbringen, diese Korrelation spiegelt jedoch die behauptete Erblichkeit der Intelligenz nicht wider, sondern entsteht in einem übergeordneten sozialen Prozess, in dem die betrachteten Menschen als soziale Wesen verflochten sind. Die volkswissenschaftlichen — also unwissenschaftlichen und am Stammtisch erblühenden — biologischen Analogien verwirren bei solchem Zahlenwerk den Sinn. Es ist zwar wahr, dass aus der geschlechtlichen Vereinigung zweier Eintagsfliegen keine Spinne entstehen oder dass kein Hamster als Kind zweier Mäuse geboren wird; allerdings kann die Kind zweier Menschen, die bei Intelligenztests nur durchschnittlich oder auch schlecht abschneiden, sehr wohl ein Genie sein oder doch wenigstens deutlich bessere Zahlen erzielen. Ein solches Kind bedürfte hierzu vor allem der Bildung und lustvoller Anreize zur Benutzung seiner intellektuellen Fähigkeiten.
Dass — plump zusammengefasst — Deutschland auf „biologischem Wege“ verblöde, weil sich dümmere Menschen besser fortpflanzten, ist keine Aussage, die auf besondere intellektuelle Schärfe schließen lässt. Die Menschen in Deutschland verblöden auf „sozialem Wege“ — in den kalten sozialen Menschenprägwerken der Schule, der Contentindustrie und einer Arbeitswelt, die mitdenkende Mitarbeiter tendenziell ausgrenzt und bestraft.
Zurück zur Vernunft? Hihi. Wann waren wir denn schon jemals vernünftig? 😉
Tja Elias, es hätte ein schöner und interessanter Artikel werden können. Wenn man jedoch wieder einmal selbst die simpelsten Recherchemöglichkeiten auslässt, wird daraus einmal mehr ein schwer verdaulicher Brei aus unzutreffenden Vermutungen, archaischen Vorstellungen und gewagten Thesen, der mit der Realität wenig zu tun hat und vorwiegend Klischees aus der Simpelecke bedient.
Die Vorbehalte dagegen, menschliche Eigenschaften messbar zu machen, stammen, wie man sich angesichts der Vorstellung von der einzigartigen Schöpfung leicht denken kann, aus der Ecke wissenschaftsfeindlicher Kirchenkreise. Bestimmte Kreise in der Psychologie bemühen sich zwar vergeblich, Psychologie als solche zu etwas wie einer „metrischen Wissenschaft“ werden zu lassen. Dies gelingt nicht, obwohl einer der Ansätze dazu ja genau die Meßbarkeit von Intelligenz ist (Generalfaktor der Intelligenz). Ebenso ist übrigens Kreativität messbar und die Grundlagen dessen haben in keiner Weise etwas mit dem Militär zu tun, sondern mit einem gewissen Karl Duncker, der Mitte der 30er Jahre Ansätze aus der Gestaltpsychologie weiter entwickelte.
Der IQ ist ein sehr aussagefähiger Richtwert und seine Messung hat so gar nichts damit zu tun, „wie gut ein Mensch in einem technokratisch-industriellen Produktionsprozesse verwendbar ist“. – Das wären dann spezielle Eignungs- und Einstellungstests, die sicher ihre Wurzeln hierin haben, aber viel später entwickelt wurden und selbstverständlich auch funktionieren und für beide Seiten, die anstellende Firma, wie den Anzustellenden durchaus Sinn machen. Fehlbesetzungen sind schließlich für beide Seiten problematisch.
Doch hat all das gewiss nicht zur Meßbarkeit des „Ich“, „Über-Ich“ oder gar der „Seele“ geführt, geschweige daß man dies in einer einzigen Zahl ausdrücken könnte, wie etwa: Elias 2817.
Ob sich vorhandene Ansätze eines Menschen hinsichtlich Intelligenz und Kreativität dann tatsächlich durchsetzen, hat allerdings mit einer Menge Faktoren zu tun. Da wäre das soziale Umfeld zu nennen, aber auch „softskills“ des betreffenden Menschen wie physische und psychische Stabilität, soziale Kompetenz, Lernfähigkeit, Durchsetzungsfähigkeit usw. Und an eben diesen kann der Mensch selbst arbeiten und (sich) mitgestalten. Es ist mitnichten nur die Umwelt, die versagt, wenn ein Talent nicht „zündet“.
Und auf diese Weise gelangst du dann wieder zu
unbelegte Thesen wie: „Bei einer Untersuchung einer größeren Gruppe Menschen wird sich wohl schnell herausstellen, dass Kinder schlecht bewerteter Eltern ebenfalls schlechte Ergebnisse erbringen“ oder „Arbeitswelt, die mitdenkende Mitarbeiter tendenziell ausgrenzt und bestraft“ oder „Die Menschen in Deutschland verblöden auf „sozialem Wege““ So etwas verhilft sicherlich niemandem zu der Möglichkeit einer ernsthaften Problemanalyse.
Dass diese Gesellschaft keine Möglichkeiten für Hochbegabte bietet, ist schlicht Unsinn.
Wenn man dem Herrn Sarrazin das Bedienen von Stammtischparolen entgegen halten will, sollte man schon selber über dieses Niveau hinaus kommen und sich vor einer Meinungsäußerung wenigstens das elementare Wissen zum Thema aneignen.
Besten Gruß von papa san.
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Elementarwissen medizinische Psychologie und medizinische Soziologie:
http://de.wikibooks.org/wiki/Elementarwissen_medizinische_Psychologie_und_medizinische_Soziologie:_Theoretisch-psychologische_Grundlagen#Intelligenz:_Messung.2C_Modelle_und_Einflussfaktoren
Sorry für die drei Tage im Spamfilter… im Moment ist Akismet mal wieder besonders blöd, wenn es darum geht, echte Kommentare von der täglichen Pest zu unterscheiden…
Kein Problem.
Kritik meine ich übrigens immer als Anregung, besser zu werden. Oder sich zu vervollkommnen, wie der Buddhist sagen würde.
Schreib mal wieder was. 😉
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