Tag Archive: Passivität


Matrix

The reason movies are often so bad out here isn’t because the people who make them are cynical money hacks. Most of them are doing the very best they can; they really want to make good movies. The trouble is with their heads, not their hearts.

Stanley Kubrick

Die modernste und wissenschaftstümelndste Verkleidung des religiösen Kreationismus ist die mit nichts im gesamten Kosmos falsifizierbare und damit völlig unüberprüfbare Annahme, dass der Kosmos einschließlich uns Menschen eine Simulation auf einer riesigen Rechenmaschine sein könnte. Die beliebte Filmreihe „Matrix“ ist ein einziger einsichtsnegierender, dummheitsverherrlichender kreationistischer Fiebertraum aus dem wahnwitzigsten Brutkeller des show business, und sie zieht genau daraus ihre Beliebtheit. Kein Wunder und erst recht kein Zufall, dass ein mit dieser schon in der Antike bewährten Stanze angefertigtes, contentindustriell-mythologisches Formstück so selbstverständlich auch eine auserwählte und vom Orakel bestätigte Erlöserfigur mitbringt, auf deren erfolgreiches Befreiungswerk der größte Teil der Menschheit nur hoffen und warten kann. Genau wie bei den alten Erlösungsgeschichten werden kleine Lücken in der Erzählung überspielt und überlesen, hauptsache, die Menschen besinnen sich niemals auf das, was sie können, nicht können, wollen und nicht wollen; hauptsache, die Hörer dieser Predigt bleiben passiv und duldsam; hauptsache, sie benutzen nicht eine Sekunde ihres Lebens ihren eigenen mentalen Apparat als Hilfs- und Kampfmittel gegen die vollständige Verwurstung ihres einmaligen und zeitlich sehr beschränkten Lebens durch die jeweils Herrschenden und Besitzenden, sondern sprechen ihre Wünsche und Klagen leise in ein geduldig dazu schweigendes Nichts, noch voller Angst vor übermenschlichen Strafen, wenn sie dabei zu weit gehen. Bislang waren noch alle Gottesideen nach dem Urbild der Menschen geschaffen, die an sie glaubten, und das gilt auch für die Matrix-Idee des industriellen Zeitalters und ihrem pseudowissenschaftlichen Wiedergänger in Form eines simulierten Kosmos: Ein Spiegelbild eines überpersonalen Selbstzweck-Irrsinns, in dem Menschen darauf reduziert und dazu verdammt werden, Batterien im betrieblichen Produktionsprozess und Verbraucher der dabei produzierten Güter zu sein.

Für S.

Hoffnung

Hoffnung bedeutet, bis zum Tod fest und angstvoll genug davon überzeugt zu sein, dass man nur geduldig auf eine Erlösung warten müsse, während aussichtslose, unerträgliche, grausame Zustände noch ein paar Tage, Monate oder Jahre einfach so weitergehen, ohne dass man ihnen auch nur vernehmbar widerspräche oder gar etwas dagegen täte. Viele Hoffende verschränken schließlich sogar ihre Hände zum Gebet und murmeln vor sich hin, damit sie überhaupt nicht mehr handeln und reden können; anderen genügt das Ankreuzen von Wahlzetteln, damit jemand anders so für sie handeln und leben mag, wie sie es gern hätten; wieder andere glauben an Ideologien und ihre Versprechungen einer wunderschönen und paradiesischen Zukunft. Wer die Hoffnung aufgibt, beginnt den Weg in die Freiheit zu gehen — und nimmt es mit Humor, wenn von den Hoffenden in ihren selbst angelegten Fesseln nichts als Beleidigung, Beschimpfung und schließlich sogar gewaltbereiter Feindschaft kommen, denn all dieses ist nur Spiegelbild jener fürchterlichen Angst, die in die Hoffnung führt.

Gott-Los

Die Religion handelt mit dem gleichen Stoff wie die Lotteriegesellschaft, mit der Hoffnung, die passiv macht und warten lässt — nur, dass man von den Gewinnern bei der Lotteriegesellschaft manchmal lebendig geschriebene Geschichten in der Zeitung lesen kann, während man von den „Gewinnern“ der Religion nur in den Todesanzeigen liest. Die scheinbare Todesverachtung fanatisch religiöser Menschen ist nur das Spiegelbild der Lebensverachtung der Religion.

Moderne „Linke“

Die gesamte „Theorie“ der modernen „Linken“ in allen ihren schrillbunten Ausprägungen von Klimaschützer:innen bis zu Genderfeminist:innen ließe sich in einem Lehrsatz zusammenfassen, den sie allerdings mangels eigenem analytischen Willens immer nur indirekt von sich gibt: „Ich habe euretwegen ein großes Problem, und deshalb müsst ihr alle euch ändern und mich lebenslang und bedingungslos dafür entschädigen, insbesondere du bist schuldig“! So formuliert, wird das Kindische, Verantwortungslose, Dumme und das als neue Norm für alle vorgesehene, leb- und humorlos Depressive in dieser Betrachtungsweise der passiven Aktivist:innen überdeutlich.

Zur ergänzenden Lektüre nach diesem kurzen Absatz empfohlen: Der neun Jahre alte, viel längere Text „Die Arroganz der Ohnmacht“ — der zu meinem Missfallen immer noch aktuell ist.

Kindschaft

„Seit du denken kannst“, sagte der Vorübergehende zu seinem Zeitgenossen, „bist du nicht mehr nur das ausgelieferte Kind deiner Eltern und das ausgelieferte Produkt des Zustandes deiner Gesellschaft, sondern das aktive Kind deiner Taten und das aktive Produkt deiner Unterlassungen. Und darauf hast du deutlich mehr Einfluss als auf das Erstere. Der größere Teil der Herrschaft. Besteht in der Passivität und intellektuellen Isolation der Beherrschten“.

Finsternis

Wer die Finsternis nicht als etwas Falsches erfühlen kann, ja, wer sie sogar für eine gewöhnliche Bedingung seines Daseins hält, wird niemals nach Licht suchen.

Die zehn Gebote für BRD-Bewohner

  1. Glaub fest daran, dass dein Job sicher ist, wenn du dich kräftig anstrengst und keine angemessene Entlohnung für die Arbeit forderst!
  2. Glaub fest daran, dass deine Rente sicher ist und dass du trotz deiner Selbstvernichtung durch Arbeit lange gesund genug lebst, um sie genießen zu können!
  3. Glaub fest daran, dass sich alle deine Probleme mit einem einzigen Buch lösen lassen: Dem Versandhauskatalog! Neu! Jetzt auch im Internet.
  4. Glaub fest daran, dass es „Deutschland“ gut geht und vergiss, wie es dir selbst geht, wenn reklamefinanzierte Journalisten und Journalisten aus dem Parteienstaatsfunk dir erzählen, wie gut es „Deutschland“ geht!
  5. Glaub fest daran, dass du in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Verzicht üben musst, damit es „Deutschland“ schon bald wieder gut geht!
  6. Glaub fest daran, dass du in wirtschaftlich florierenden Zeiten Verzicht üben musst, damit es „Deutschland“ auch weiterhin gut geht!
  7. Übe jeden Tag Verzicht im Denken und lass die Fähigkeiten deines Gehirnes verkümmern, damit du besser glauben und Verzicht üben kannst! Hilfsmittel für den täglichen Denkverzicht werden dir allgegenwärtig und preiswert bis „kostenlos mit nur noch fünfzig Prozent Reklame vergällt“ zur Verfügung gestellt, von der Talkshow über Tittitainment über Sport über offene Vedummung bis hin zu intellektuellen Ersatzbefriedigungen aller Art vom Sudoku bis zur Soziologie.
  8. Glaub fest daran, dass du als einzelner Mensch nichts machen kannst, lass alles über dich ergehen und tröste dich mit legalen Drogen und mit Konsum! Alternativ darfst du auch an die Demokratie, die unabhängige Justiz und an ein Leben nach dem Tod glauben.
  9. Glaub fest daran, dass werbefinanzierte Journalisten und Journalisten aus dem Parteienstaatsfunk der BRD dich objektiv informieren und betrachte alles, was ihnen widerspricht oder ihre Informationen um zusätzliche Aspekte erweitert, unreflektiert als „Fake News“, „russische Propaganda“ oder „Nazi“!
  10. Glaub fest daran, dass die Zukunft am besten wird, wenn du in der Gegenwart alles widerstandslos und unwidersprochen genau so geschehen lässt, wie deine Feinde es geschehen machen.

Das moralische Problem

Das größte Problem mit der bürgerlichen (gern auch als biblisch begründete) Moral ists, dass sie ausschließlich aus Verbotsschildern besteht, so dass die größte Tugend der davon Gehirnkastrierten eben ist, was sie nicht tun.

Am Mahnmal

Am dekorativ hingesetzten Mahnmal für die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus sagte der Vorübergehende zu seinem Zeitgenossen im Schuldritualmodus: „Hier kannst du sehen, was in letzter Konsequenz geschieht, wenn man sich gegen staatliches Unrecht, staatliche Menschenverachtung und staatliche Gewalt nicht mit allen Mitteln zur Wehr setzt; wenn man stattdessen nur passiv und angstvoll darauf hofft, dass es schon vorübergehen wird“.

Fast nichts

Der Vorübergehende sagte zu seinem Zeitgenossen: „Dass ich fast nichts tun kann, ist gar nicht das Bedrückendeste und Tristeste, sondern dass mir auf jedem Kanal gesagt wird, mein ‚fast nichts‘ sei ein ‚Nichts‘, und dass ich von Menschen umgeben bin, die das glauben und nichts tun, weil ihr Tun zum ‚Nichts‘ erklärt wird, das ist das Schlimmste. Über aller gestalteten Gesellschaft schwebt ein riesiges Banner, auf dem in freundlichen und sehr leicht lesbaren Lettern die Worte ‚Bleib passiv!‘ geschrieben sind.

Die Hölle

Zwei Eingänge hat die Hölle, einen für das Personal und einen für die Kundschaft. Über dem Eingang für die Kunden der Hölle stehen die Worte: „Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“. Und. Über dem Eingang für das Personal der Hölle stehen die Worte: „Wir wollen immer für alle das Beste“.

Mit Dank an den Schattenkönig

Sein und Geliebtwerden

Zeitgenossin: Aber du wirst dafür geliebt, wie du bist, nicht für das, was du tust. [Gefolgt von einigem esoterisch verbrämten Versatzstücken der christlichen Religion…]

Nachtwächter: Ich bin ein Mensch, kein Stein. Ein Stein kann an sich hübsch oder ungewöhnlich sein, und er „hat daran genug“ und kann dafür geschätzt oder mit gleichgültigem Blick ignoriert werden. Ich bin ein Mensch, und deshalb will ich nicht an den Möglichkeiten eines Steines gemessen sein. Mein Sein ist, so lange ich noch bin, das — und nur das — was ich tue.