Tag Archive: Geldherrschaft


Talent und Sichtbarkeit

Das Talent, scharfe Gedanken und Beobachtungen schön und trefflich in Sprache auszudrücken, ist gut verteilt und unter den Arbeitern und Armen genau so häufig vorhanden wie unter den Erben und Abkömmlingen vermögender Eltern. Der Unterschied ist einzig, dass Letzteren eher zugehört wird, so dass sie einen Anreiz erfahren, dieses Talent auszubauen, oft neben erheblicher expliziter Förderung — und frei von existenzieller Not haben sie auch alle erforderliche Zeit dazu. Es braucht nicht viel Prozess über die Gesellschaft abzulaufen, bis beinahe jeder Mensch aus seinen Erfahrungen heraus zum Vorurteil gelangt, dass es den Armen und Arbeitern an analytischer, ästhetischer und sprachlicher Befähigung, ja, vermutlich gar an Witz und Intelligenz fehle, und in der Folge dieses Vorurteils werden widersprechende Erfahrungen gar nicht mehr gemacht und auch nicht von den bourgeoisen Gralshütern des Wissens- und Kulturbetriebes in ihren Fäuletons vermittelt. Am Ende steht die Auffassung eines sich zum Hohn auf jede emanzipatorische Bewegung als „links“ verstehenden Bildungsbürgertums, dass Armut eine gerechte Folge von Dummheit und Faulheit sei, die gern mit gehörigen Portion chauvinistischer Verachtung und offenen Armenhasses zum Besten gegeben wird, selbst noch in der Bütt des Parlamentes und im Text der Gesetze, die zum Recht werden.

Unterdessen wird „Gerechtigkeit“ durch abstruse Gender-Sprachnormen hergestellt, vorangetrieben vom gut geförderten Auswurf der bürgerlichen Titelmühlen, die zum Hohn für das Wort „Universität“ genannt werden und deren Fehlen an Schönheit und Trefflichkeit auch durch eine skurille neurotische Verkrampfheit nicht aufgehoben wird, sondern ganz im Gegenteil. Und das völlig zu Unrecht auf die vielen gebildeten Bürgerchen stolze Bildungsbürgertum verwechselt formal-sprachliche Aufgeblähtheit mit Präzision und einen sektierisch-trennenden Sprachgebrauch mit Inklusion.

Recht und Gesetz

„Wenn wir nur reich genug wären“, sagte der Vorübergehende zu seinem Zeitgenossen, „dann wären wir sicherlich mit dem Recht, den Gesetzen und der Politik der jeweils regierenden Parteienoligarchie hochzufrieden“.

Die Stimme

So lange nur denjenigen Menschen zugehört wird, die von schlechten Zuständen in der Gesellschaft oder gar in der Welt profitieren, solange nur deren Stimme in Presse und Glotze verstärkt und zur scheinobjektiven Wahrheit verklärt wird, so lange deren Probleme als die eigentlichen Probleme betrachtet und alle anderen Probleme mit denen totgeschwiegen werden, so lange wird sich nichts zu Besseren wenden. Sondern. Ganz im Gegenteil.

Grundlage

Gefragt, auf welcher Grundlage die UEFA der Stadt München verbieten könnte, das Stadion in der Stadt München während eines Spieles der Europameisterschaft in Regenbogenfarben zu beleuchten, antwortete der Vorübergehende: „Es wird vermutlich auf der Grundlage von ‚Das ist ein wirklich schönes Stadion, das sie da haben, wäre doch schade um das schöne Geld, wenn darin keine europäischen Wettbewerbe mehr stattfänden‘ verboten“.

Wissenssammler

Es gibt Menschen, und das wird von Kindheit an gefordert und überall mindestens formell hoch geachtet, die Wissen ansammeln, um damit Geld zu verdienen; und es gibt Menschen, und das wird von Kindheit an unterdrückt und allgemein geächtet und verspottet, die Wissen ansammeln, um daraus Einsicht und Freude zu gewinnen.

Konsumlaune

Als am Vorübergehenden ein Nachrichtenticker mit dem Text „Corona: Konsumlaune sinkt auf Rekordtief“ vorbeiscrollte, sagte er leise: „Das ist aber auch immer ein Jammer für diese Wirtschaftsredaktionen in Presse und Glotze, dass diese Menschen so eine geringe Sterbelaune haben! Wenn sie sich doch nur opferten und entschlossen für die wahren Werte der Wirtschaftsredaktion und ihrer Sponsoren stürben, für die guten Zahlen und das Wachstum und die Dividenden“.

„Erinnerst du dich noch“, sagte der Vorübergehende lächelnd zu seinem angesichts der Corona-Seuche kurz vor einer völlig irrationalen Panik stehenden Mitmenschen, „wie die Bertelsmann-Stiftung im Sommer des letzten Jahres öffentlich einforderte [Archivversion], die Anzahl der Krankenhäuser in der Bundesrepublik Deutschland um rd. sechzig Prozent zu reduzieren, um die Versorgungsqualität für die Patienten zu verbessern und die Engpässe bei Ärzten und Pflegepersonal zu mildern. Das sind die Halunken aus der Reichstagslobby, denen die CDU, die SPD, die CSU, die FDP, die Grünen und letztlich auch die AfD hörig sind; das sind die Halunken, deren Stimme in Presse und Glotze jeden Tag bis zur Unerträglichkeit verstärkt wird; und wegen solcher Halunken läuft es in der BRD genau so, wie es in der BRD Kohls, Schröders und Merkels nebst aller ihrer Speichellecker läuft. Nicht nur im Gesundheitswesen. Was gesät wird, das wird geerntet und gefressen. Guten Appetit“.

Tod eines Arbeiters

Foto einer Zeitungsanzeige -- Grenzenlos pietätlos -- Redaktion VW Wolfsburg II -- Wie menschenverachtend bei VW mit den Kollegen umgegangen wird, das versteht keiner mehr! Nachdem sich ein offensichtlich kranker Kollege mehrere Tage ins Werk geschleppt hat, wurde es dann doch zu viel für ihn. Am Dienstag, dem 10.12.2019 brach der Kollege A., 59 Jahre alt, während der Nachtschicht auf dem Weg aus der Pause am Heber in der Halle 12 mit Herzinfarkt tot zusammen! Bis der Notarzt und die Polizei ihre Arbeit beendeten und ein Bestatter den Verstorbenen abholte, lag dieser für mindestens 2 Stunden an der Linie, die natürlich nicht gestoppt wurde. Stattdessen wurde der verstorbene Kollege hinter einigen Materialkisten versteckt und mit einer Plane abgedeckt. Die Kollegen mussten dann an ihm vorbei fahren, um die Linie zu versorgen. Als sich einige über diesen Zustand erregten, wurden sie vom Meister mit den Worten zur Arbeit geschickt: »Der ist eh tot, der merkt nichts mehr!«. Ein weiterer merkte noch an: »Wenn die Alten sterben, ist mehr Platz für die Jüngeren!«. Wie asozial und gefühlsfrei sind die Führungskräfte bei VW geworden, die doch immer, wenn Mehrarbeit ansteht von einer »Familie« schwafeln? Was wäre wohl alles getan worden, läge stattdessen ein Vorstandsmitglied in der Halle? Kein Vorgesetzter muss sich so verhalten! Die Schuld haben letztlich die, die davon profitieren kranke Menschen zur Arbeit zwingen, die den Fortgang der Produktion höher bewerten, als den Anstand gegenüber Verstorbenen und die Meister absetzen, die »zu weich« sind! -- Der Vorwärtsgang spricht den Hinterbliebenen seine tiefe Anteilnahme aus!

via @arbeitsunrecht@twitter.com

Klimagipfel

„Erspar mir deine Klimagipfel und deine dumme, psychische, medieninduzierte Angst nach einem schönen Sommer“, sagte der Vorübergehende zu seinem Zeitgenossen, „der Bonbon ist längst gelutscht, der Keks ist gegessen, es ist vorbei! Die Menschheit hat in ihrer Dummheit längst unverrückbar beschlossen, alles anzuzünden, was brennbar ist, und der gleiche politisch-geldherrschaftliche Apparat, der von ‚Klimazielen‘ spricht, möchte auch Wälder abholzen, um Braunkohle zum Verbrennen auszubuddeln. Noch das letzte Molekül Kohlenwasserstoff wird unter dem Beifall der Börsen aus der Erde gepresst und gefrackt werden, um es in einer geldwerten Verbrennung in Kohlendioxid und Wasser zu verwandeln. Das einzige, wozu die politischen Theater-Aktivitäten auf irgendwelchen Gipfeln dienen, ist die psychische Vorbereitung der Einführung neuer Subventionen für die notleidende Industrie und die Einführung neuer Lasten für die vielen anderen Menschen, denen es in den Augen der Milliardäre und ihrer widerlichen journalistischen und parlamentarischen Marionetten immer noch viel zu gut geht“.

Wenn die „Demokratie“ von der Wirtschaft übernommen wurde, dann werden von Politikern und Journalisten nur noch jene Wahlergebnisse als demokratisch legitim betrachtet, welche „die Märkte“ nicht stören.

„Soundcloud“

„Soundcloud“ ist das neue „YouTube“ für die Musikindustrie, fertig zum Stürmen und um Jurabetrollen, egal, was dabei alles verschwindet. Unterdessen ist es in der Bundesrepublik Deutschland immer noch das neue Westfernsehen, „YouTube“ über einen Proxyserver zu nutzen, um dort keine Musikindustrie-Zensurtafeln zu sehen.

Zitat des Tages

Aber was machen daraus etwa die Nachrichtensendungen von ARD und ZDF? Sie haben keine Bilder für die Krise gefunden und damit auch keine Haltung. Immer nur sind die hektischen Krisenmanager in Brüssel zu sehen, wie sie dicken Autos entsteigen oder in dicke Autos einsteigen – eine Ikonografie der Macht und des Apparates und der Automatismen.

In der BBC dagegen, ich erinnere mich noch fast an jedes Bild, an jeden Satz, gab es schon sehr früh in der Krise einen Bericht über ein älteres italienisches Ehepaar, das sich erhängt hatte, weil es seine Schulden nicht mehr zahlen konnte.

Georg Diez bei Spiegel Online — Griechenland in deutschen Medien: Immer voll auf Merkel-Linie