Wie viele Blogger sind wegen PRISM von Facebook weggegangen? Wie viele von Twitter? Oder von Google Plus? Oder von einem ähnlichen „kostenlosen“ Web-Angebot, das aus der Sicht seiner Betreiber dafür da ist, menschliche Kommunikation in einen sozial optimierten Geschäftsvorfall zu verwandeln? Das also nicht in erster Linie zum Nutzen der Menschen da ist, sondern um ein fragwürdiges Geschäftsmodell zu ermöglichen?

Wie viele von denen, die sich in schwärmerischen, feuchten Träumen für eine „digitale Elite“ halten (und sich von der Scheißpresse und von den Scheißwerbern gern den extraklebrigen Honig ums Maul schmieren lassen, sie seien digital natives), nur, weil sie Blogs dank einer fertigen, leicht benutzbaren Blogsoftware auf dem Niveau pubertärer Poesiealben mit „Inhalten“ füllen können, haben innerhalb der letzten vier, fünf Wochen irgendeine Konsequenz für ihre Internetnutzung gezogen? Wie viele haben mit jedem Versuch aufgehört, möglichst viele ihrer Leser zu Anbietern wie Twitter, Google, Facebook, etc. mitzunehmen, um dort große Zahlen von „Followern“ zu haben, sich selbst zum Schwanzvergleich, und den Geheimdiensten zur sehr interessanten Offenlegung menschlicher Beziehungen und konvergierender Interessen von Menschen.

Wie viele haben nur den JavaScript-Tracking-Schnippsel von Google Analytics entfernt; eine Vorrichtung, die ihnen nur ein paar Zahlen gibt, also nicht einmal eine Spur von wirklichem Wert?

Wie viele haben ein letztes Mal ihr blinke geiles Gadget gestreichelt und sich gesagt: „Es ist eine verdammte Trackingwanze, ein Trojaner, der nicht auf meinem Computer läuft, sondern inzwischen auf meinem ganzen Leben — und dabei war die Illuision doch gestern noch so schön“? Um dann einzusehen, dass eine Systemreinigung nötig ist; eine Systemreinigung nicht nur des Computers, sondern des ganzen Lebens, bei der auch etwas mittlerweile Liebgewonnenes (und auch etwas Teures) unrettbar verloren geht? Wie viele sind wenigstens von der wie eine Alarmglocke schrillenden Kombination wach geworden, dass die Google-Street-View-Wagen im Vorbeifahren alle WLANs gesnifft haben und dass die smart phones mit Googles Android-Betriebssystem bei ihrer Backup-Funktion unverschlüsselt WLAN-Passwörter an Google übertragen?

Wie viele wollen auch nur wissen, was zusammengeführte Daten in den Rechnenzentren der Allesüberwacher alles offenlegen? Und wie wenig darin noch verborgen bleibt?

Wie viele sind bereit, auszuprobieren, was der Preis der Privatsphäre ist? (Während ich das schreibe, habe ich nebenbei beim Kommunizieren meine kleinen Schmerzen mit GnuPG. Kryptografie ist weder einfach noch reibungslos. Auch für erfahrene Computernutzer nicht.) Wie viele sind bereit, reflektierend abzuwägen, wo sich dieser Preis lohnt? Und wofür er sich lohnt?

Wie viele haben so einen Gedanken auch nur laut gedacht? Bloggend, also mit Außenwirkung? Gedacht? Um zu helfen, dass andere diesen Gedanken mitdenken? Um wenigstens etwas geistige Tätigkeit vor der Resignation gegenüber dem big brother zu zeigen, wenn es schon nicht zu einer Umkehr kommt?

Unreflektierte Resignation. Ist keine besonders intelligente Haltung. (Und selbst die reflektierte Resignation kann dumm wirken, ich werde oft von Mitmenschen als „dumm“ bezeichnet.)

Wie viele Blogger aus der so genannten „Piratenpartei“ — die zumindest aus meiner etwas fernstehenden Sicht von einer ungut-naiven Technikverliebtheit geprägt ist — ja, wie viele von dieser kleinen Untergruppe der Bloggenden haben wenigstens einen dieser Gedanken verbloggt?

Und. Wie viele Blogger würden sich sofort eine Software des Verfassungsschutzes, der NSA oder des Geheimen Weltamtes für totale Unterdrückung installieren, wenn man ihnen nur erzählte, dass diese Software Besucher auf ihr Blog bringt; Besucher, die Werbeeinnahmen und gefühlte Bedeutung mit sich bringen? Wie viele Blogger dokumentieren im Moment nur ihre dumme Gleichgültigkeit, wenn sie ihr Blog zu einem Vehikel für die Reklameklickgroschen machen und diesem Zweck das Erfordernis weniger erfreulicher und weniger leicht verdaulicher Mitteilungen unterordnen.

Und. Wie viele dieser Blogger betrachten sich zu allem Überdruss auch noch als politisch?

Und. Warum wundern sie sich noch über ihre Bedeutungslosigkeit?