Die Bewohner der Venus besaßen eine hochentwickelte Kultur; aber alle die vorzüglichen Konstrukteure und Baumeister unter ihnen hatten sich und ihr ungeheures Können in den Dienst der Vernichtung gestellt. Eine solche Gemeinschaft von Lebewesen musste sich früher oder später gegen sich selbst kehren.
aus „Die Astronauten“ von Stanisław Lem
Landschaftsschmutz — Vor dem Bereich ein grünes, dreieckiges, mit der Spitze nach unten weisendes Schild mit dem Piktogramm einer Eule, das diesen Bereich als ein „Landschaftsschutzgebiet“ ausweist. Inmitten der Gruppe von Weiden ein Weiher, ganz bedeckt mit grünen, schleimigen Schlieren, teilweise schon braun werdend. Durchbrochen diese schmiere Schicht zuweilen nur vom Blubbern überriechender Blasen, die aus dem gärenden Schlamm aufsteigen. Fische. Schwimmen teilweise skelettiert auf dem Rücken. Die Luft schwanger vom Gestank. Nicht einmal die Krähen wollen hier ein leichtes Essen aus dem Wasser erpicken. Daneben, nur durch einen Streifen Weidenholz getrennt, der überdüngte Acker, dem. Dieses Sterben mit seinen bei der Bewässerung ausgespülten Nährstoffen gedankt ist. Auf dem Acker töfft die Maschine vor sich hin, bringt mit brennendem Diesel die Ernte ein. Es ist eine gute Ernte. Wie viel Prozent von dieser Ernte wohl unter den Bedingungen der gegenwärtigen EU-Agrarpolitik vernichtet wird, um die künstlichen Preise eines künstlichen Marktes auf dem politisch gewünschten Niveau zu halten?
Wegzehrung — Nichts erfreut im spätsommerlichen Vorübergehen so sehr, wie die vielen, nun brach liegenden Flächen, die einst kleine, von Menschen genutzte Gärten waren. Während die dummgläubigen Mitmenschen ihr konsumistisches Mantra „Man kriegt doch nichts geschenkt“ im Hirne und im Herzen tragen und sich mit solchem Credo hinter der Glotze und dem Versandhauskatalog verschanzen, hängen längst vergessene Bäumchen voll von köstlichen Äpfeln, Zwetschgen und Mirabellen. Nicht einmal in Griffhöhe sind sie abgepflückt, und die Würmer und Wespen lassen mehr als genug für den Vorübergehenden übrig. Und. Am Boden fault das vor sich hin, was niemand mehr isst, weil es nicht käuflich, preislos und damit in der verqueren Logik der Jetztzeit „minderwertig“ ist. Nur die unvermeidlichen Bauchschmerzen trüben die satte Freude eines solchen Tages.
Himmelsdreck — Wie beeindruckt die Bewohner der großen Städte doch immer sind, wenn sie in einer klaren, dunstfreien Nacht einmal die fünf Handvoll helleren Lichter des gestirnten Himmels erblicken können. Und. Wie wenig sie davon wissen, wie schön der kalte Nachthimmel wirklich aussieht, weil sie es noch nie in ihrem Leben gesehen haben. Das künstliche Licht in den Straßen und den Leuchtreklamen hat längst die Sterne vom Himmel geholt, selbst das Firmament ist beschädigt.
Feuerwerk — Es gibt in Hannover im Jahreslauf derart viele Feuerwerke, dass man dieser Verwandlung von Geld in Knallen, Blitzen und Leuchten schon überdrüssig werden kann. Je dröger das Leben der Menschen ist, desto stärker müssen die Reize dosiert werden, die diese Menschen daran hindern, die Leere ihres eigenen Lebens zu erfühlen.
Achtung Auge! — Die größte psychische Gefahr, die sich mit dem Medium Fernsehen verbindet, ist es, dass die Menschen glauben, die darin dargebotenen Shows seien Wahrheiten, die sie mit eigenem Auge erblickt hätten. Das Spiegelbild der hingeflimmerten 25 schrillen und bunten Bilder ist das objektive Grau, dessen dämmerende Einsicht und gleichzeitige Hinnahme sich in der Redensart vom „grauen Alltag“ Gehör verschafft.
Ich habe erst vorgestern in Finnland, bei Nacht und auf dem Land, die vermutlich beeindruckenste Menge Sterne gesehen. Vermutlich mehr Sterne auf einmal als ich in meinen 23 Jahren in Deutschland Nachts in dem Vorort einer gröszeren Stadt zusammen erblicken konnte. Jetzt weisz ich warum sie Milchstrasze heiszt.