Die Raumsonden Pioneer 10 und Pioneer 11 sind die ersten von Menschen angefertigten Objekte, die das Sonnensystem verlassen. Deshalb wurde von den Konstrukteuren an die recht geringe Wahrscheinlichkeit gedacht, dass eine außerirdische Zivilisation in vielen Jahrmillionen einmal dieses technische Artefakt unserer Kultur finden könnte, wenn sich unterdessen die Menschheit schon längst in Wohlgefallen, Sternenstaub und Vergessen aufgelöst hat. Auf den Sonden ist eine außerordentlich haltbare, vergoldete Plakette aus Aluminium angebracht, die mit einer eingravierten Zeichnung von unserer Existenz berichten soll.
Vor einer schematischen Darstellung der Sonde — diese hat der „Empfänger“ ja vor sich — ist ein nackter Mann und eine nackte Frau dargestellt. Unter dieser Darstellung befindet sich eine stark schematisierte Darstellung unseres Sonnensystemes und links von dieser Zeichnung eine Positionsangabe unserer Sonne, die mithilfe der Positionen von 14 Pulsaren und dem Abstand vom Zentrum der Galaxie mitgeteilt wird. Der dritte Planet im schematischen Sonnensystem ist hervorgehoben, von ihm aus geht die Sonde auf Reisen. Da zu den Pulsaren auch ihre gegenwärtige Frequenz angegeben wird und sich diese Frequenzen im Laufe der Zeit reduzieren, ist auch der ungefähre Zeitpunkt des Sondenstartes ermittelbar, wenn dieses Objekt einmal gefunden und die Botschaft verstanden wird. Die numerischen Angaben sind im Binärsystem gegeben, als Bezugsgröße dient der ebenfalls in Form einer Zeichnung dargestellte Hyperfeinstruktur-Übergang eines Wasserstoffatomes.
Es ist ein in seiner Verzweiflung und Hilflosigkeit geradezu rührender Versuch, etwas von der vergänglichen menschlichen Zivilisation in den kalten Kosmos hinein mitzuteilen. Dieser Versuch zeigt vor allem, dass die Menschen sich keine andere Lebensform als Menschen vorstellen können, deshalb wird in dieser Zweckgrafik eine Form der Wahrnehmung vorausgesetzt, die spezifisch menschlich ist. Ich würde keine hohe Wette darauf halten, dass eine gänzlich unirdische Intelligenz diese Zeichnung überhaupt als eine Form der Mitteilung erkennen kann, und ob die zweidimensionale Projektion der Wirklichkeit in Form einer Zeichnung verständlich ist, darf ebenfalls bezweifelt werden. (Schon die grundlegende Annahme, dass völlig anders entstandene Wesen in ihrer Wahrnehmung ähnlich stark visuell wie Menschen geprägt sein sollten, ist fragwürdig.) Wenn dieser Teil des Kommunikationskanales aber wider meiner Erwartung gut gewählt sein sollte, denn dürfte die im Menschenpaar dargestellte Zweigeschlechtlichkeit der Menschheit für einiges Rätselraten sorgen, und die erhobene Hand des Mannes wird gewiss nicht als ein Gruß erkannt werden, sondern eher Spekulationen um künstliche Gliedmaßen nähren. Die für uns so leicht verständliche Darstellung des Sonnensystemes wird ebenfalls ihre Rätsel aufgeben, vor allem werden sich die Empfänger fragen, wieso eigentlich alle dargestellten Objekte den gleichen Abstand voneinander haben und wieso eines dieser Objekte — es soll der Saturn mit seinem wunderschönen Ringsystem sein — in deutlicher Weise durchgestrichen ist, und ob das wohl darauf hindeute, dass wir dieses Objekt abgebaut oder vernichtet hätten. Und. Die verwendete Metapher des Pfeiles, um die Richtung der Sonde anzudeuten, ist ebenfalls ein Kandidat für schwere Missverständnisse. Was immer eine außerirdische Intelligenz in diese Grafik hineindeuten wird — das Objekt wird ja wenigstens sicher als künstlich erkannt, wenn es überhaupt im weiten Nichts gefunden wird, und es wird deshalb wohl auch untersucht werden und zu allerlei Spekulationen Anlass geben — es wird beinahe nichts mit dem zu tun haben, was wir damit sagen wollten. Die warme Hirnsucht der Wissenschaftler, die mit den Pioneer-Sonden das erste Mal richtige Raumfahrt betrieben haben, über diesen Kanal ein Zeichen für die Existenz der Menschheit zu setzen, läuft ins Leere. Die Menschheit wird unerkannt aussterben. Zum Glück wird das Aussterben auf diese Weise nicht noch schmerzlicher.
Wenn diese Platte überhaupt an jemanden etwas mitteilen kann, denn an die Menschen, die diese Platte in den Weltraum geschossen haben. Und. Das ist die Mitteilung, wie fremd wir wirklich im Raume sind, wie sehr wir nur zur vertrauten Erde gehören. Es wäre viel gewonnen, wenn dieser Teil der Botschaft bei allen Menschen ankäme und sie dazu brächte, ihre planetare Heimat nicht länger unter der hirntoten Ideologie eines unbegrenzten Wachstums bis zur Vernichtung auszubeuten. Aber. Auch diese Kommunikation scheint hoffnungslos. Allein schon deshalb. Hoffnungslos, weil die einzige und sehr hitzig geführte Diskussion, die damals in den USA am Thema dieser Platte entbrannte. Nur. Das eine Thema kannte, ob man die menschlichen Geschlechtsteile denn so unverhüllt den Außerirdischen zeigen könnte.
Wirklich dunkle Gedanken.
Quatsch. Das sind sehr helle Gedanken. Aber für „Blinde“ ist halt alles dunkel.
Ach so ja, ich weiß und hab es gesehen, dass der Nachtwächter diese Kategorie von den „dunklen Gedanken“ selbst wählte. Nun, ich sehe das aber ganz anders und nicht als dunkel sondern als erhellend, auch wenn er selbst das so, also als dunkel sieht. Und. Die Eigenbezeichnung vom „Nachtwächter“ bringt eher Licht in die Dunkelheit und so glaube ich, diese Kategorie der „dunklen Gedanken“ ist nicht selbsreferenziell, sondern aus Sicht des Lesers.
Anyhow – für mich ist das ganze ganz und gar nicht dunkel, sondern weist auf ein, in der ferne liegendes Licht.
Und noch etwas am Rande. Für mich ist das was er da beschreibt, also die anmaßende Überheblichkeit und die Selbstreferenz des Humanoiden, das Dunkle an der ganzen Sache. Alleine schon die Tatsache, dass es der Humanoide ja noch nicht einmal hin bekommt, mit den allermeisten anderen Lebensformen auf der Erde, die er als nicht intelligent deklariert (und es deshalb deren Schuld ist), zu kommunizieren, dies aber bei eine extraterrestrischen Lebensform, die er als intelligent bezeichnet voraussetzt, ist schon von purer anmaßender Überheblichkeit gezeichnet, wie es die Kosmo-Clowns wie z.B. ein Herr Professor Lesch gerne in die Kameras blahfaselt – intelligentes Leben müsse sich überall im Universum ähnlich entwickeln wie hier. Schon alleine die ureigene Definition des Humanoiden, was den Intelligenz sein soll und das überall im Universum, spricht schon von einem ausgeprägten Narzissmus dieser so genannten Wissenschaftler. So werden sie nie etwas anderes Lebendiges finden, als sich selbst, denn was lebendig ist, ist auch nur deren Definition.
Bei TNG war das schon mal ein Thema, Leben, das eigentlich gar keines ist, nach der Definition der nackten Affen, hauptsächlich mit Wasser gefüllt: Ein Planet wehrt sich.
Oh. Da habe ich noch einen Filmtipp. Life von 2017.
Schon alleine deshalb !!ACHTUNG SPOILER!! weil er kein Happyend hat – klasse! Der Film zeigt m.M.n. sehr gut diese anmaßende Überheblichkeit und Dummheit der „Hässliche, hässliche große Beutel, hauptsächlich mit Wasser gefüllt!“ 😀