Was das Schießpulver für den Krieg war, ist die Druckerpresse für den Geist.
Aus unerklärlichen Gründen wird die Presse viel zu hoch geschätzt und erhält wegen dieser Wertschätzung sogar wirksamen Wert. Vermutlich ist die Tageszeitung das älteste Einwegprodukt, das vom gegenwärtigen Kulturprozess hervorgebracht wurde. Mit hohem Aufwand werden Neuigkeiten erstellt und in strukturell leicht konsumierbarer Form aufbereitet, aber schon am nächsten Tag sind alle diese Neuigkeiten wertlos geworden ob der neueren Neuigkeiten, die in geifernder und bedeutungsloser Aktualität aus den Schlagzeilen nach Lesern rufen. Nichts, was in einer Zeitung steht, soll in dieser Verwirtschaftung von news bleibenden Wert haben, und bei ehrlicher Betrachtung ist auch schon der selbstzweckhafte Sekundenglanz der Aktualität trügerisch. Die Zeitung von gestern taugt — nachdem es keine Kohleöfen mehr gibt, in denen sie helfen könnte, das Feuer zu entfachen und nachdem seit der Mitte des 19. Jahrhunderts beinahe immer spezielles Toilettenpapier zur Reinigung der Ausscheidungsorgane nach der Defäkation Verwendung findet — im besten Falle noch dafür, als Unterlage in einem Vogelkäfig benutzt zu werden, um den Kot der darin eingesperrten Vöglein vom Kasten fern zu halten. Im Regelfall wird sie allerdings zu genau dem Altpapier, das sie konzeptionell bereits bei ihrer Herstellung war.
Der kulturgeschichtliche Weg der Zeitung von einem Produkt des bildungsbürgerlichen Lebensstiles hin zu einem Mittel für die Abfütterung bescheidener Geister mit Belanglosem und lebenspraktisch Unwichtigem war immer schon im Einwegcharakter des Konzeptes Zeitung vorgezeichnet. Ein barbarisches, im Appell an alle niederen Instinkte Aufmerksamkeit erzwingendes Machwerk wie die Bildzeitung ist nicht etwa ein Unfall derjenigen Form des Journalismus, die sich im Kontext einer Zeitung entwickeln muss, sondern ihre logische Folge. Was. Der wirtschaftliche und manipulativ wirkmächtige Erfolg dieses Machwerkes ebenso jeden Tag aufs Neue belegt, wie das atemlose Nachmachen der folgerichtigen Methoden und Inhalte der Bildzeitung durch eine seriös verkleidete Journaille, deren Seriosität längst zum reinen image verkommen ist.
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[…] Elias Schwerdtfeger […]
[…] damit ausgerechnet die Vorzüge der Presse hervorheben will, denn die Presse war schon immer ein Wegwerfprodukt. Wenn so ein — meist konservativer — Zeitgenosse aber kein besseres Argument findet, […]
[…] politische Dummheit aufrecht zu erhalten und trotz alledem kaum noch ein Mensch Geld für die im Einwegprodukt Zeitung zusammengefassten Meldungen von gestern bezahlen will; vermutlich werden sie erst dann bemerken, […]
[…] als das zu erkennen, was es ist: An die unterdrückenswertesten psychischen Regungen appellierender Müll, jeden Tag altneu aus der Rotationsmaschine.” Bewerten:Share and Enjoy:TwitterE-MailDigg […]
[…] im Zeitalter des Internet geben kann, dann muss er von deutlich anderer Beschaffenheit als der Einweg- und Wegwerfjournalismus der etablierten Presseverleger sein. Bewerten:Blindheit […]
[…] Zweitverwertungen dieser Elaborate eben nicht um Werke im Sinne des Urheberrechtes handelt, da diesen Einweg- und Wegwerfprodukten jegliche hierfür erforderliche Schöpfungshöhe fehlt. Das so genannte […]
[…] Schwanz wedelt und nicht umgekehrt – ein anderes, euren bestempelten Bäumen vergleichbares Einwegprodukt zum Auslegen von Vogelkäfigen wird sich schon finden, wenn ihr hoffentlich bald schon Geschichte […]
[…] Ansehen der daran beteiligten Menschen spiegelt die Vorgehensweise dieses Packs wider. Kauft euer Einwegprodukt doch einfach […]
[…] gesetze, sondern er will dir texte verkaufen, die nicht einmal versuchen, eine literatur zu sein. Das geschreibe und gelaber zu scheißjornalisten ist das intellektuelle äkwivalent zum klopapier, es wird nach der benutzung einfach weggetan, in den orkus des vergessens, den man sich niemals […]
[…] sehe ich in den gegenwärtigen print-auflagezahlen von tageszeitungen in der BRD — es handelt sich dabei übrigens um teure einwegprodukte, die aus der rotazjonsmaschine ziemlich unmi… — einen indikator für die dummheit, technikangst und dumpfige rückständigkeit der menschen […]
[…] (Ich konnte leider nicht die originalkwelle verlinken, weil diese von dummen jornalisten betriebene webseit die texte nach einigen tagen aus dem freien internetz entfernt und hinter eine gib-geld-wand stellt. Dass es unfassbar dumm ist, wenn man sich selbst der möglichkeit beraubt, zitierbar und belegbar zu sein, ist für einen jornalisten offenbar eine zu schwierige einsicht. Die haben schon immer nur billige einwegprodukte hergestellt.) […]
[…] Tonfall gegenüber Journalisten – also Menschen, die dafür bezahlt werden, dass sie Wegwerftexte schreiben, in deren Umfeld die Lüge der Reklame vermarktet wird – angesprochen wurde, hier […]
[…] gewisser Weise ist es sehr passend, dass das verlegerische Einwegprodukt einer mit massenhaft Reklame vergällten Zeitschrift, das man nicht archiviert, sondern nach einer […]
[…] Sag ich doch! 😀 […]
[…] Nein, diese kostenlosen reklameblätter sind kein sonderfall, sondern zeigen nur besonders deutlich, dass auf papier gestempelter scheißjornalismus ein einwegprodukt ist: kaufen, wegwerfen und alles w…. […]