Es muss ein sozialer Nachhall einer vergangenen Zeit sein, dass Menschen ihre Hautfarbe so aussehen lassen wollen, als könnten sie sich einfach so regelmäßig der Sonnenstrahlung aussetzen. Ein Nachhall aus der Zeit, in der es ein Zeichen eines gewissen Wohlstandes war, wenn sich jemand einen Urlaub in den sonnigeren Regionen der Welt leisten konnte und die Verfärbung der Haut als Dokumentation eben jenes Wohlstandes durch die Straßen trug; ein Statussymbol, das sichtbar und prahlend dem Körper aufgestempelt war. Heute ist es kein Statussymbol mehr, nur noch ein sozialer Zwang, der sich dem einzelnen aufdrückt, um von ihm bei allem beschädigten Dasein wenigstens noch eine „gesunde“ Hautfarbe zu fordern, die an Stelle seiner natürlichen treten soll. Ein Statussymbol ist es schon lange nicht mehr, und der Traum von einem besseren und ansatzweise würdigen Leben…
…kann im dumpfen Dösen unter der Bestrahlung bläulich leuchtender Röhren geträumt werden. Das Angebot solcher Röhren. Ist aus dem Bild noch der trübesten Viertel deutscher Städte gar nicht mehr wegzudenken, ein ganzer neuer Mittelstand schlürft seine Gewinne aus der gesellschaftlich verursachten Geisteskrankheit. Noch in der nächtens beleuchteten Außenwerbung der so genannten „Sonnenstudios“, in der darin unvermeidlichen, mit anthropomorphen Gesichtszügen, fettem Grinsen und Sonnenbrille verzierten Sonne, spiegelt sich die weitgehende Lichtlosigkeit eines Daseins wider, das solche Angebote allzu bereitwillig anzunehmen bereit ist.
Das Werbeschild habe ich in Hannover-Stöcken fotografiert, es steht stellvertretend für hunderte andere seiner Machart.