Unbeliebter Zeitgenosse — Im Idealfall seines Berufes erfüllt der Polizist die undankbare Aufgabe, berechtigte Ansprüche der Gemeinschaft gegen den Einzelnen durchzusetzen. Der betroffene Einzelne wird vom Eingreifen des Polizisten in gesellschaftlich gegebene Schranken gewiesen, er erfährt durch den Polizisten eine Einschränkung seines Seinsrechtes. Das ist der Grund, warum ein Polizist niemals wirklich beliebt sein kann; dennoch gereicht dem Polizisten in diesem Idealfall sein Tun nicht zur Unehre. Im Prozess, der gegenwärtig über die Gesellschaften abläuft, hat sich die Aufgabe des Polizisten jedoch gewandelt, er setzt immer weniger berechtigte Ansprüche der Gemeinschaft und immer mehr die besonderen Wünsche einer wohlhabenden, selbstbesessenen und machtsüchtigen Minderheit gegen die Mehrheit der Menschen durch. Das Auftreten des Polizisten spiegelt in dieser Änderung seiner Aufgabe das kalte und gewalttätige Gehabe derer wider, deren Ansprüche er vertritt; und zwar ohne dass der Polizist dabei des Wohlstandes und der anderen Lebensvorzüge dieser Gruppe teilhaftig würde. Er ist in Perversion seiner idealerweise ausgeführten Aufgaben zum willfährigen Schergen derer geworden, die eigentlich im Interesse der Gemeinschaft in ihre Schranken gewiesen werden müssten; was ein an sich ehrenhafter Beruf wäre, verkommt unter diesen Bedingungen zu einer verruchten, wenig erstrebenswerten Tätigkeit. Ein Polizist, der in dieser Lage auch noch menschlich-verständnisvollen Umgang von der von ihm bekämpften Bevölkerung einfordert, dokumentiert damit seine Lebenslügen und seinen Realitätsverlust.

Unnahbarkeit — Dieser voran schreitende Wandel der gesellschaftlichen Rolle des Polizisten zeigt sich in vielen Details seiner Berufsausübung. Früher begegnete einem der Polizist noch häufig auf der Fußstreife. Er ging durch sein Revier, schaute mancherorts nach den Rechten und kümmerte sich direkt und in oft recht menschlicher Weise um das, was ihm an Problemen zu Ohren getragen wurde. Er repräsentierte in seinem Dienst zwar die mögliche Gewalt der Gemeinschaft gegen den Einzelnen, aber er tat dies selbst als Einzelner, als menschliches Gegenüber. Als solcher war er in seiner Funktion während des Dienstes zwar nicht beliebt, aber doch immer noch geachtet und vertraut. Heute ist der Polizist auf Fußstreife ein seltener Anblick geworden; an die Stelle der Fußstreifen ist der langsam durch die Straßen fahrende Streifenwagen getreten. Schon die mechanische Geste des deutlich gekennzeichneten Autos, das zuweilen in eher unkalkulierbarer Weise einfach anhält, damit der Polizist vom Auto aus in autoritärer und unpersönlicher Weise die Forderungen seines Dienstes an die jeweils davon betroffenen Menschen stellt, spiegelt die Veränderung des Berufes wider. In der Menschferne solchen Auftritts zeigt sich die Menschferne derer, deren einseitige, gegen die Gemeinschaft gerichtete Interessen mittlerweile durch die Polizei vertreten werden.

Kopf hinhalten — In einer älteren Werbekampagne der Polizei für die Polizei lautete der Slogan: Wir halten den Kopf hin. Und in der Tat, der Polizist hält seinen Kopf hin für alle unbewältigten gesellschaftlichen Probleme und die politischen Fehler der letzten Jahrzehnte. Das weiß er auch genau, der Polizist, deshalb trägt er in vielen Situationen lieber einen robusten Helm, wenn er wieder einmal seinen Kopf hinhält, um den Hass gegen das zu empfangen, was er in seinem Tun täglich gegen die Menschen vertritt. Schade nur, dass so mancher Polizist nicht zu wissen scheint, dass man den Kopf auch für etwas anderes benutzen könnte.